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Unruhen in Tibet: Gewalt in Lhasa - Zahl der Todesopfer steigt

Mindestens zehn Menschen sollen bei den blutigen Unruhen in Tibets Hauptstadt Lhasa ums Leben gekommen sein. Die Dunkelziffer, so berichten Bewohner, ist deutlich höher. Während das chinesische Fernsehen Bilder der Eskalation zeigt, warnen die USA davor, die Proteste niederzuschlagen.

Die schweren Ausschreitungen in Lhasa haben nach offiziellen Angaben mindestens zehn Menschen das Leben gekostet. Bewohner der tibetischen Hauptstadt berichteten, dass die Zahl der Toten deutlich höher als offiziell angegeben sei. Der US-Sender Radio Free Asia zitierte Tibeter, wonach bis zu 80 Menschen getötet worden seien. Einen Tag nach den antichinesischen Unruhen war die Lage in Lhasa am Samstag angespannt. Soldaten hatten Straßensperren errichtet. Panzer waren im Einsatz. Die Sicherheitsbehörden setzten den Teilnehmern an den Ausschreitungen eine Frist, um sich zu ergeben. Wer sich bis Montag um Mitternacht stelle, könne mit Strafminderung und "Nachsicht" rechnen.

Die tibetische Regierung bestritt, dass Sicherheitskräfte das Feuer auf die Demonstranten eröffnet haben. Tibets Regierungschef Qiangba Puncog sagte auf der Tagung des Volkskongresses in Peking: "Wir haben keine Schüsse abgegeben." Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete dagegen, die Polizei habe "Warnschüsse" abgegeben, um die Menschen zu vertreiben. Die Polizisten seien angewiesen worden, keine Gewalt gegen Angreifer anzuwenden. Tibet Regierungschef kündigte harte Strafen an: "Wir werden streng mit jenen umgehen, die das Vaterland spalten wollen."

China greift Dalai Lama an

Chinas Behörden warfen der "Clique um den Dalai Lama" vor, die Unruhen "vorsätzlich geplant" zu haben. "Wir haben genug Beweise, dass diese Aktion eine politische Verschwörung ist, die von der Clique des Dalai Lamas geplant worden ist", las eine Sprecherin im Fernsehen einen Text der Staatsagentur vor, der auch in den staatlich kontrollierten Zeitungen verbreitet wurde. Ein Xinhua-Kommentar forderte die Weltgemeinschaft auf, ihre Haltung gegenüber dem Dalai Lama zu überprüfen: "Der Dalai Lama und seine Clique hat keinen einzigen Tag von Gewalt und Terror abgesehen." Aus seinem indischen Exil hatte das religiöse Oberhaupt der Tibeter am Vortag dagegen sofort nach Ausbruch der Unruhen zur Gewaltlosigkeit aufgerufen.

Nach amtlichen chinesischen Angaben sind mindestens zehn Menschen ums Leben gekommen. "Die Opfer sind alle unschuldige Bürger, die meist verbrannt sind", berichtete ein Beamter laut Xinhua. Unter den Toten seien zwei Hotelangestellte und zwei Geschäftsleute. An rund 160 Orten in Lhasa seien Feuer ausgebrochen. Es habe 40 größere Brände gegeben. Auch in einer Moschee sei Feuer gelegt worden. Es gab keine Berichte über Tote oder Verletzte unter Ausländern.

Bilder der Gewaltakte im chinesischen TV

Das Staatsfernsehen zeigte am Samstag Bilder von randalierenden Tibetern, die Autos umstürzten, Geschäfte angriffen oder versuchten, heruntergelassene Läden oder Gitter aufzubrechen. Die Sprecherin sagte, dass es durch "eine kleine Gruppe von Leuten in Lhasa" zu Zerstörungen, Schlägereien und Plünderungen gekommen sei. Die Behörden seien in der Lage, die soziale Stabilität und die Sicherheit zu wahren. Die Verschwörung sei "zum Scheitern verurteilt".

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich besorgt über die Unruhen in Tibet. "Gewalt - egal von welcher Seite - führt zu keiner Lösung der offenen Fragen", sagte Merkel am Samstag nach Angaben von Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Zugleich rief Merkel zu einem friedlichen und direkten Dialog zwischen der chinesischen Regierung und dem Dalai Lama auf. Nur so könne eine nachhaltige Lösung der Tibetfrage gefunden werden.

USA waren China

Die USA forderten, von Gewalt abzusehen, um die Proteste niederzuschlagen. US-Botschafter Clark Randt traf am Freitagabend in Peking mit Vizeaußenminister Zhang Yesui zusammen. Als Reaktion auf die Vorgänge stürmten Exiltibeter am Samstag in Sydney das chinesische Konsulat. Es kam zu Zusammenstößen mit der Polizei. Sieben Demonstranten wurden festgenommen. In Indien nahmen Tibeter in Dharamshala, dem Sitz der tibetischen Exilregierung, wieder einen Marsch nach Tibet auf. Die indische Polizei hatte einen ähnlichen Versuch vor zwei Tagen unterbunden und 102 Tibeter festgenommen.

Ihr "Friedensmarsch" soll vor den Olympischen Spielen in Peking die Aufmerksamkeit der Welt auf das Schicksal der Tibeter lenken. Nach der Machtübernahme der Kommunisten 1949 in Peking und dem Einmarsch der chinesischen Volksbefreiungsarmee 1950 in Tibet hatte sich China das größte Hochland der Erde einverleibt. (dm/dpa)

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