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Politik: Unter Dach – oder ins Fach

Zweites Spitzengespräch zur Staatsreform soll Einigung bringen. Auch gegen starke Lobbyinteressen

Berlin - Am Donnerstag soll der Sack zugemacht werden. Eine schwarz-rote Spitzenrunde – Minister, die Führung der Koalitionsfraktionen, Ministerpräsidenten – will letzte Hand an die Föderalismusreform legen. Oder zumindest vorletzte Hand. Denn noch ist das Gesetzgebungsverfahren nicht angelaufen, am Donnerstag wird daher nicht das Ergebnis, sondern nur der Wortlaut dessen beschlossen, was am 10. März in einem umfangreichen Paket in Bundestag und Bundesrat eingebracht wird. Und von da an werden Interessenvertreter aus allen Ecken der Republik versuchen, im Verein mit Fachpolitikern und Fachbürokraten herumzuzündeln und da und dort Feuer zu legen. Als da wären: die Umweltlobby, die mehr Zentralismus will, die Bildungslobby, die etwa den Verzicht des Bundes auf ohnehin kaum vorhandene Zuständigkeiten in der Schulpolitik nicht hinnehmen will; die Beamtenlobby, die sich davor schreckt, dass die Länder (wie sonst auch jeder Arbeitgeber) für ihre Bediensteten zuständig sein sollen; die Justizlobby, die in der Länderkompetenz für den Strafvollzug das Ende aller liberalen Reformen der letzten Jahrzehnte sieht.

Norbert Röttgen sieht die Sache etwas gelassener. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion ist „ganz sicher“, dass die Reform bis zum Sommer so umgesetzt wird, wie sie im Koalitionsvertrag vereinbart ist. Doch was macht Röttgen, der als Mitglied der Föderalismuskommission die Reform mit vorbereitet hat, so sicher? Er hofft auf die Einsicht der Lobbys in die Notwendigkeit fürs große Ganze. „Die Akzeptanz dieser Staatsreform erwächst nicht aus der Summe der Bewertung von Fachpolitikern“, sagt er. „Sie erwächst vielmehr daraus, dass Bundestag und Bundesländer sagen: Wir organisieren an dieser Stelle unsere parlamentarische Demokratie besser, als es in der Vergangenheit der Fall war.“ Er gehe davon aus, dass dies auch „das breite Urteil unter den Abgeordneten und den Ländervertretern ist“.

Ob die Spitzen von Schwarz-Rot letztlich alle Kritiker in den Reihen überzeugen kann, ist derzeit dennoch fraglich. Von erheblicher Überzeugungsarbeit in den Fraktionen, die noch geleistet werden müsse, ist die Rede. Die nötige Zweidrittelmehrheit sieht Röttgen jedenfalls nicht gefährdet: „Ich bin guter Dinge, dass es über die Stimmen von SPD und Union hinaus weitere Zustimmung geben wird.“ Die FDP will die Reform mittragen.

Doch gibt es auch noch Klärungsbedarf, der mit besonderen Wünschen der Länder zusammenhängt – und zwar bei dem Plan, dass die Landesregierungen das Verwaltungsverfahren bei Bundesgesetzen eigenständig regeln dürfen, dafür aber die Zustimmungspflicht des Bundesrats in der Sache entfällt. Die Länder wollen, dass dies nicht nur für künftige Gesetze gilt, sondern für alle bestehenden. Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) versteht die Aufregung auf Bundesseite nicht: Andernfalls müssten die Länder ja möglicherweise jahrelang warten, bis der Bund auf einem bestimmten Gebiet mal wieder novelliert. Bundespolitiker halten dagegen, dass die Verwaltungsverfahren – die entscheidend dafür sind, wie weit ein Gesetz Wirkung entfaltet – bei allen bestehenden Gesetzen mit Zustimmung des Bundesrats geregelt wurden.

Die Eigenständigkeit beim Verwaltungsverfahren ist den Ländern wichtig, weil damit Verwaltungsreformen erleichtert werden. Und damit Einsparungen in den Etats. Zusammen mit den Zuständigkeiten beim Beamtenrecht ergibt das eine runde Sache. „Es ist der Schlüssel für die gesamte Modernisierung im öffentlichen Dienst“, ist sich der Düsseldorfer Bundesratsminister Michael Breuer (CDU) sicher. Auch sonst werde die Reform Fortschritte bringen: „Ohne den Ländervergleich bei den Schulen würde sich in der Bildungspolitik weniger bewegen.“ Wer jetzt noch wesentliche Punkte neu verhandeln wolle, der gefährde die gesamte Reform, warnt Breuer. „Und dafür muss er sich in der Öffentlichkeit verteidigen.“

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