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Politik: Unter fremder Flagge

Von Rolf Brockschmidt Der Streit über die Frage, ab welchem Punkt aus politischen Meinungsäußerungen Antisemitismus wird, beschäftigt nicht nur Deutschland und die FDP. Auch die Niederländer wühlt derzeit ein Streit auf, der dem Fall Möllemann nicht unähnlich ist: Der Verband der Juden in den Niederlanden hat gegen Gretta Duisenberg, die Frau des Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Anklage wegen Antisemitismus und Aufruf zum Hass bei der Amsterdamer Staatsanwaltschaft erstattet.

Von Rolf Brockschmidt

Der Streit über die Frage, ab welchem Punkt aus politischen Meinungsäußerungen Antisemitismus wird, beschäftigt nicht nur Deutschland und die FDP. Auch die Niederländer wühlt derzeit ein Streit auf, der dem Fall Möllemann nicht unähnlich ist: Der Verband der Juden in den Niederlanden hat gegen Gretta Duisenberg, die Frau des Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Anklage wegen Antisemitismus und Aufruf zum Hass bei der Amsterdamer Staatsanwaltschaft erstattet.

Sechs Wochen lang hatte Gretta Duisenberg vom Balkon ihrer Amsterdamer Wohnung eine palästinensische Fahne hängen lassen. Nach einem Bericht der Zeitung „NRC Handelsblad“ sahen die Nachbarn der Duisenbergs in der Fahne eine „optische Belästigung“. In einem Brief baten sie Frau Duisenberg, die Fahne einzuholen, da ihre Kinder in Israel lebten.

Danach kam es erst recht zu einer verbalen Eskalation zwischen Frau Duisenberg und ihren Nachbarn. Nachdem sie den Brief mit einem Hinweis auf die Juden-Deportation aus ihrem Viertel während des Zweiten Weltkriegs erhalten hatte, rief Frau Duisenberg ihre Nachbarn an. Es gab einen heftigen Wortwechsel, in dessen Verlauf Frau Duisenberg als „Salonbolschewik“ beschimpft wurde und sie wiederum gesagt haben soll, „reiche Juden“ seien für das Elend der Palästinenser mitverantwortlich.

Als diese Fehde an die Öffentlichkeit drang, zeigte Herman Loonstein, Vorsitzender des Verbandes der Juden in den Niederlanden, Frau Duisenberg an. Er bat laut „Handelsblad“ den World Jewish Congress (WJC), Wim Duisenberg in den USA zur unerwünschten Person erklären zu lassen.

In einem offenen Brief an die niederländische Nachrichtenagentur ANP erklärte Frau Duisenberg am Dienstag, dass die Fahne nichts mit Antisemitismus zu tun habe und sie damit auch nichts zu tun haben will. Als sie von dem Telefongespräch Loonsteins mit dem WJC in Amerika hörte, sagte sie allerdings dem „NRC Handelsblad“: „Das meine ich nun mit reicher jüdischer Lobby. Und mit reich meine ich dann, wie viel Macht sie haben.“

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