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Untersuchungsauschuss: Was machte der BND in Bagdad?

Während im Irak im Frühjahr 2003 der Krieg tobt und Diktator Saddam Hussein seiner Niederlage entgegen geht, verschanzen sich in Bagdad zwei Agenten des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND). Beide Männer, die Herren "M" und "H", sagen an diesem Donnerstag vor dem BND-Untersuchungsausschuss aus.

Letztlich geht es um die Frage: Hat die damalige rot-grüne Regierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) trotz ihres klaren "Neins" zum Irak-Krieg den USA, quasi durch die Hintertür, bei deren Feldzug gegen Saddam Hussein geholfen? Der SPD-Obmann im Ausschuss, Michael Hartmann, schließt das aus. Er verweist auf explizit anderslautende, allerdings nur mündlich erteilte Weisungen. Danach sollten die beiden Agenten in Bagdad als "Staubsauger" fungieren, also Informationen sammeln und weiterleiten. Die Umstände waren schwierig, die Informationstiefe gering.

Die Daten der beiden deutschen Agenten wurden dabei nicht direkt an die US-Seite gegeben, sondern liefen ausschließlich über eine sichere Leitung an die BND-Zentrale nach Pullach bei München. Dort saß der entscheidende Schlüsselmann mit der Bezeichnung Leiter "38b". Dieser BND-Beamte entschied letztlich, ob und welche Informationen weitergeleitet wurden. Vor allem Linke und Grüne glauben, dass die Regierung die in Bagdad gewonnenen Erkenntnisse weitergegeben hat und so indirekt doch in den Krieg involviert war.

Die "Rockstars" waren die wahren Informanten

Im Fall der Frei- beziehungsweise Weitergabe durch "38b" trat ein weiterer BND-Mann auf den Plan, der als Verbindungsmann im US-Hauptquartier in Katar saß: der "Gardist". Der wurde von US-Seite oft um Informationen gebeten, manchmal bedrängt, auch gegängelt. Aber er konnte eben nur weitergeben, was "38b" freigab. Als "völligen Unfug" wertet Hartmann die Annahme, die deutschen Agenten hätten strategische Daten für den Luft- oder Landkrieg geliefert. "Als ob die Amerikaner damals auf unsere Informationen angewiesen waren."

Er führt den Star-Journalisten Bob Woodward und dessen Buch "Plan of Attack" ("Der Angriff") an. Danach hatten die USA während des Krieges in dem Zweistromland Zugriff auf bis zu 90 eigene Quellen - fast ausschließlich Iraker, die unter dem Decknamen "Rockstars" operierten. Zu den Aufgaben der Agenten "M" und "H" gehörte das Sammeln von Daten über sogenannte "Non-Targets", also zivile Ziele, die auf keinen Fall bombardiert werden sollten. Dadurch sei etwa seinerzeit das "Sheraton"-Hotel in Bagdad verschont geblieben, in dem zahlreiche Journalisten wohnten, sagte Hartmann.

Aufgalopp prominenter Zeugen

Mit dem neuen Untersuchungskomplex geht die Ausschussarbeit langsam auf die Zielgerade. Die BND-Aktivitäten im Anti-Terror-Kampf beschäftigen das Gremium schon seit zweieinhalb Jahren - Khaled el-Masri, Murat Kurnaz, Mohammed Haydar Zammar und CIA-Gefangenenflüge - waren bisher die Haupt-Themen. Auch zum BND-Einsatz in Bagdad wird es wieder zum Aufgalopp prominenter Zeugen kommen: Auf der SPD-Wunschliste stehen unter anderem Altkanzler Schröder und - dann zum fünften Mal - auch Außenminister und Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier (SPD). Sie werden im November im Ausschuss erwartet. Steinmeier war damals als Kanzleramtschef in der Regierungszentrale für die Koordinierung der Geheimdienste zuständig.

Niemand rechnet damit, dass die Ausschussarbeit vor der Bundestagswahl im September 2009 beendet sein wird. Je näher der Wahltermin rückt, je mehr wird vor allem vonseiten der Opposition mit der Ladung von Zeugen auch Wahlkampf betrieben werden.

Der zweite Irak-Krieg hatte im März 2003 - nach dem Auslaufen eines US-Ultimatums an Saddam Hussein - mit Marschflugkörpern und anderen Präzisionswaffen begonnen. Schröder damals: "Es ist die falsche Entscheidung getroffen worden." Schon frühzeitig hatte sich der damalige Kanzler festgelegt. Auf einer Wahlkampfveranstaltung im niedersächsischen Goslar sagte Schröder: "Rechnet nicht damit, dass Deutschland einer den Krieg legitimierenden Resolution (im Weltsicherheitsrat) zustimmt."

Helmut Reuter, Gerd Reuter[dpa]

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