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Politik: Untersuchungsausschüsse: Der Bundestag schärft seine Waffen

Untersuchungsausschüsse gelten als die schärfste Waffe des Parlaments. Und doch sind immer wieder Klagen zu hören, wie stumpf diese Waffe eigentlich ist.

Untersuchungsausschüsse gelten als die schärfste Waffe des Parlaments. Und doch sind immer wieder Klagen zu hören, wie stumpf diese Waffe eigentlich ist. Derzeit mühen sich 15 Abgeordnete im so genannten CDU-Parteispenden-Ausschuss, die Frage zu beantworten, ob Entscheidungen der Regierung Kohl käuflich waren. Doch sie kommen nicht recht weiter: Die Zeugen sagen nichts, Akten sind verschwunden. Außerdem hält sich auch die Fragekunst der meisten Abgeordneten in Grenzen. Ihr Heil suchen sie jetzt in einem neuen Gesetz, das die Arbeit der Parlamentarischen Untersuchungsausschüsse regeln soll.

Bislang gibt es ein solches Gesetz nicht. Zwar hat der Bundestag in seiner 50-jährigen Geschichte bereits mehrere Anläufe dazu gemacht, doch die sind stets ergebnislos versandet. Der achte Anlauf könnte nun Erfolg haben, hofft der Justiziar der SPD-Fraktion, der baden-württembergische Abgeordnete Hermann Bachmaier. Bislang ging die Initiative stets von der Opposition oder einem fraktionsübergreifenden Bündnis engagierter Abgeordneter aus. Schließlich ist das Untersuchungsrecht nach Artikel 44 des Grundgesetzes in erster Linie ein Recht der Minderheit. Klar also, dass bislang die Opposition als Minderheit so viele Minderheitenrechte wie möglich verankert wissen wollte. Die Regierungsmehrheit aber nicht. Wegen dieses Konflikts kam es bislang zu keinem Gesetz. Jetzt habe erstmals "die Mehrheit auch einen die Minderheiten schützenden Gesetzentwurf auf den Weg gebracht", begründet Bachmaier seinen Optimismus, dass es dieses Mal klappt. Für Oktober ist die Abstimmung geplant, und der SPD-Politiker hofft, das neue Gesetz noch "im Laufe dieses Jahres ins Bundesgesetzblatt zu bringen".

Nach dem Grundgesetz regelt bislang die Strafprozessordnung auch "sinngemäß" den Gang des Verfahrens im Untersuchungsausschuss. Da es, anders als vor Gericht, aber kein Urteil gibt, gibt es auch keine Angeklagten, sondern nur Zeugen. Wie beim Gerichtsverfahren sind Fernsehübertragungen nicht zulässig. Das soll auch nach dem Willen der rot-grünen Koalition so bleiben. Bachmaier begründet das mit "Zurückhaltung im Interesse der Wahrheitsfindung und des Persönlichkeitsschutzes". Ziel des Gesetzes solle es sein, die Arbeit der Ausschüsse zu beschleunigen und zu konzentrieren. So sollten zum Beispiel Unterausschüsse eingerichtet werden können, um für bestimmte Themen Vorarbeiten zu leisten.

Auch Rot-Grün will aber nicht an dem Grundsatz rütteln, dass zwar eine Minderheit einen Untersuchungsausschuss einrichten kann, die Mehrheit aber über das Verfahren bestimmt. Im Fall von Rechtsstreitigkeiten soll künftig der Bundesgerichtshof als alleinige Instanz zuständig sein. Derzeit wird zunächst ein Amtsgericht angerufen, und dann kann sich der Streit lange, lange durch die Instanzen ziehen. Geregelt werden soll auch, wie sich die Abgeordneten im Ausschuss zu verhalten haben. Seitdem bekannt geworden ist, dass sich im Ausschuss über die Parteispenden der Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Parteispendenausschuss, Andreas Schmidt, und andere Christdemokraten vor wichtigen Zeugenbefragungen mit Altbundeskanzler Helmut Kohl getroffen und dort wohl die Sitzungen vorbereitet haben, ist deutlich geworden, wie notwendig solche Regeln sind.

Für den Parteispendenausschuss soll das neue Gesetz aber noch nicht gelten. Das würde, befürchtet Bachmaier, "das Zustandekommen des Gesetzes erschweren". Dieser dezente Hinweis des Sozialdemokraten deutet darauf hin, warum Untersuchungsausschüsse auch künftig mit einem Gesetz nicht unbedingt besser arbeiten dürften als bisher: Sie dienen zwar dem Ziel, Tatsachen herauszufinden, sind aber in erster Linie ein politisches Kampfinstrument. Von einem Proporz-Gremium sollte man auch nicht erwarten, dass es mehr liefern kann als Proporz-Wahrheiten.

Carsten Germis

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