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Politik: Untersuchungsausschuss: "Aktion Rosenholz": Geheim bleibt geheim - Über den Streit um brisante Dokumente der Staatssicherheit

Oft beleuchten nicht nur sorgfältig angelegte Akten die Vorgänge in Regierungsstuben, sondern auch unerwünschte Mitschriften von Geheimdiensten. Das zeigte sich in der CDU-Spendenaffäre, als die Abhörprotokolle der Stasi ein Schlaglicht auf die Rolle von Altkanzler Helmut Kohl warfen.

Oft beleuchten nicht nur sorgfältig angelegte Akten die Vorgänge in Regierungsstuben, sondern auch unerwünschte Mitschriften von Geheimdiensten. Das zeigte sich in der CDU-Spendenaffäre, als die Abhörprotokolle der Stasi ein Schlaglicht auf die Rolle von Altkanzler Helmut Kohl warfen. Nun steht Deutschland eine neue Debatte über geheime Dokumente bevor. Wieder geht es um die Schnüffelergebnisse ostdeutscher Agenten im Westen. Die Rede ist von den Akten der Hauptabteilung Aufklärung (HVA) von Spionagechef Markus Wolf. Deren zentrale Agentendatei hatte sich der US-Geheimdienst CIA in den Wendewirren unter den Nagel gerissen. Der Coup der Amerikaner lief unter dem Decknamen "Rosenholz". Er sorgt zehn Jahre später für politischen Sprengstoff.

Nach langen Verhandlungen geben die Amerikaner die brisanten Dateien nach Deutschland zurück - eingebrannt auf CD-Roms, beginnend mit dem Buchstaben A. Bislang ist erst eine CD mit 2402 Stasi-Karteikarten angekommen. Bei einer Zeremonie mit Sekt wurde sie im Kanzleramt an Geheimdienstkoordinator Ernst Uhrlau übergeben. Bis zum nächsten Jahr sollen mehr als 1000 CDs eintreffen, auf denen eine halbe Million Stasi-Vorgänge sowie 317 000 Namen von Spitzeln und Bespitzelten verzeichnet sind. Gemeinsam mit bereits entschlüsselten HVA-Vorgängen könnten sie eines der letzten Geheimnisse der Stasi offenbaren: ihre West-Arbeit. Und die erstreckte sich bekanntlich bis in die Spitzen der Bonner Republik hinein.

Doch das Buch der HVA ist kaum lesbar: die Akten sind von den Amerikanern als geheim eingestuft worden. Wissenschaftler und Medien haben deshalb keinen Zugriff. Beim Ruf von Experten nach Nachverhandlungen winkt Uhrlau jedoch ab. "Solange wir nicht alle CDs bekommen haben, machen Gespräche über deren Status keinen Sinn", sagte er dem Tagesspiegel. Er verweist auf das Geheimschutzabkommen mit den USA, das auch für die "Rosenholz-Papiere" gelte.

Wer darf nun wirklich lesen?

Über den Umgang mit dem Material debattierte am Mittwoch der Innenausschuss des Bundestages. Doch die Fragestunde mit Uhrlau und einem Vertreter des Bundesinnenministeriums wurde nach ausführlicher Debatte unterbrochen. Immerhin konnten sie bekannt geben, dass die CDs jetzt technisch lesbar sind. Um die Daten zu entschlüsseln, bedarf es einer komplizierten Software, für die die USA lange keine Ausreisegenehmigung erteilten. "Ein Softwareproblem gibt es nicht mehr", bestätigte der Sprecher des Innenministeriums, Rainer Lingenthal, dem Tagesspiegel. Doch wer darf nun wirklich lesen?

Die Gauck-Behörde hätte gerne Zugriff. In einer Arbeitsgruppe ringt sie mit Innenministerium und Verfassungsschutz um die Verwendung der Akten. Schützenhilfe erhalten die Aktenverwalter von den Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen. In einem Brief an den Innenausschuss, der dem Tagesspiegel vorliegt, fordern sie "eine zügige Übergabe" an die Gauck-Behörde und die Definition des Materials als Stasi-Akten. Andernfalls bliebe für die historische Aufarbeitung "eine schmerzliche Lücke". Das "Bürgerbüro" schickte ein ähnliches Schreiben.

Doch selbst wenn das Ansinnen erfüllt wird, dürften die Materialien unter Verschluss bleiben. "Geheim ist geheim", heißt es aus dem Innenministerium. Damit bliebe das Material nur einem exklusiven Kreis von Beamten vorbehalten. Wer mit geheimen Materialen umgehen will, muss eine spezielle Sicherheitsüberprüfung durchlaufen haben. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Sylvia Bonitz protestiert: "Das sind Stasi-Akten, die an die Öffentlichkeit gehören."

Das Tauziehen dürfte also weiter gehen. Der Innenausschuss will sich in der nächsten Woche wieder dem Thema widmen.

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