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Politik: Untersuchungsausschuss im Fall Kevin

Gremium der Bremischen Bürgerschaft soll Tod des Jungen aufklären

In einer Sondersitzung hat die Bremische Bürgerschaft am Donnerstag einstimmig einen Untersuchungsausschuss eingesetzt, der den Tod des zweieinhalbjährigen Kevin aufklären soll. Außerdem wählte das Parlament die 53-jährige Ingelore Rosenkötter zur Nachfolgerin der wegen des Todesfalls zurückgetretenen Jugend- und Sozialsenatorin Karin Röpke (beide SPD).

Die Politik-Seiteneinsteigerin Rosenkötter, bisher Landesgeschäftsführerin des Roten Kreuzes und Präsidentin des Landessportbunds, erhielt in geheimer Wahl nur 57 Ja-Stimmen, obwohl Bremens große Koalition über 69 Abgeordnete verfügt. Redner aller Parteien äußerten sich entsetzt darüber, dass der unter Amtsvormundschaft gestellte Kevin bei seinen drogensüchtigen und vorbestraften Eltern bleiben durfte, obwohl es diverse Hinweise auf Misshandlungen und Vernachlässigungen gegeben habe. Nach dem Tod der Mutter durfte sich deren als gewalttätig geltender Lebensgefährte Bernd K. weiter um Kevin kümmern. In seiner Obhut starb das Kind.

Übereinstimmend forderten die Debattenredner, dass das Kindeswohl im Zweifel Vorrang vor Elternrechten haben müsse. Einmütig kritisiert wurde auch die Praxis bei der Vergabe der Ersatzdroge Methadon: Bei Bernd K. sei nicht kontrolliert worden, ob er nebenbei Drogen nehme. SPD und CDU rügten zwar drastische Fehlentscheidungen des Jugendamtes, sahen aber keine Kostengründe. Die Grünen-Opposition meinte dagegen, die Amtsleitung habe massiven Spardruck auf Mitarbeiter ausgeübt. Neben der ehemaligen Senatorin Röpke trage auch Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) Verantwortung für den Fall. Die FDP sprach vom „größten Verwaltungsversagen in der Geschichte Bremens“.

Auch Böhrnsen rügte das „unverzeihliche Versagen des Staates“, das zu Kevins Tod geführt habe. Das Amt habe sich mit dem Kind „als Fall, als Akte beschäftigt, aber nicht mit seinem konkreten Leben“. Böhrnsen forderte Pflicht-Vorsorgeuntersuchungen für Kinder bis zu sechs Jahren. Als eine Konsequenz aus dem Fall soll die Behörde neun befristete neue Stellen erhalten.

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