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Politik: Uran-Munition: Bundeswehr untersucht Krebsfälle

Mit dem ersten Leukämie-Fall eines deutschen Soldaten nach einem Balkan-Einsatz haben alle Parteien den politischen Druck auf Verteidigungsminister Scharping (SPD) verstärkt. Der Minister müsse lückenlos über die von der Nato im Frühsommer 1999 eingesetzte radioaktive Uran-Munition berichten.

Mit dem ersten Leukämie-Fall eines deutschen Soldaten nach einem Balkan-Einsatz haben alle Parteien den politischen Druck auf Verteidigungsminister Scharping (SPD) verstärkt. Der Minister müsse lückenlos über die von der Nato im Frühsommer 1999 eingesetzte radioaktive Uran-Munition berichten. Es sei unwahrscheinlich, dass in anderen Ländern Soldaten nach Balkan-Einsätzen schwer erkranken und sterben und Bundeswehrsoldaten nicht betroffen sein sollen. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums kündigte an, dass von diesem Montag an sämtliche Leukämiefälle unter Bundeswehrsoldaten erfasst und untersucht werden sollen.

"Danach werden wir die Einsatzunterlagen dieser Soldaten sichten und prüfen, ob und wo sie im Rahmen der internationalen Missionen auf dem Balkan im Einsatz waren", sagte er dem Tagesspiegel: "Wir haben im Interesse unserer Soldaten und deren Angehörigen nicht vor, irgendetwas zu vertuschen." Der Sprecher wies ausdrücklich darauf hin, dass die vom Verteidigungsministerium beauftragten Wissenschaftler in der Literatur keinerlei Hinweise auf einen Kausalzusammenhang zwischen Krebserkrankungen und uranabgereicherten Waffengattungen oder Munitionarten gebe.

Aus den Reihen der CDU wurden Forderungen laut, die Gefährdung der Bundeswehrsoldaten rasch zu analysieren. "Alle im Einsatz befindlichen Soldaten müssen untersucht und die Ergebnisse mit medizinischen Parametern abgeglichen werden", sagte ein Militärexperte: "Wir haben es mit einer unheimlichen Erkrankung zu tun, die die Bevölkerung beschäftigt und die Fürsorgepflicht des Staates tangiert." Die Nato habe schwach strahlende Uranmunition eingesetzt, weil sie über besondere Sprengkraft verfügt.

Der stellvertretende Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, der CDU-Abgeordnete Thomas Kossendey, erklärte gegenüber dem Tagesspiegel, Verteidigungsminister Scharping habe bereits zum 31. Juli 2000 das Ergebnis einer entsprechenden Untersuchung zugesagt. "Dies ist nie geschehen", sagte der CDU-Politiker. Er forderte Scharping auf, alle Unterlagen offenzulegen: "Ich möchte wissen, was uns vorenthalten wird." Unter europäischen Kfor-Soldaten kursieren seit Monaten Gerüchte, dass die USA während der Luftangriffe auf Jugoslawien im Frühjahr 1999 geheime Waffengattungen und Munition "getestet" haben.

In Italien, das als erstes Nato-Land im Dezember die erhöhte Leukämie-Rate unter Soldaten nach Einsätzen auf dem Balkan festgestellt hat, untersucht eine Kommission unter Leitung eines Hämatologen die Hintergründe. Die dem Verteidigungsausschuss unterstellte Expertengruppe soll den Zusammenhang zwischen Leukämie und schwach strahlenden Urangeschossen sowie mögliche Wechselwirkungen mit den Schutzimpfungen für Auslandseinsätze klären.

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