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Urteil: "Ein Staatsbeamter darf nicht korrupt sein"

Der frühere Rüstungsstaatssekretär Ludwig-Holger Pfahls ist vom Landgericht Augsburg zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Pfahls sei der der Vorteilsannahme und der Steuerhinterziehung schuldig, urteilten die Richter.

Wiesbaden (12.08.2005, 15:28 Uhr) - Pfahls war von 1987 bis 1992 unter dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) Staatssekretär im Verteidigungsministerium. Schon im September könnte er wieder ein freier Mann sein. Denn die mehr als einjährige Auslieferungs- und Untersuchungshaft wird auf die Strafe angerechnet. Sie wäre damit im September schon zur Hälfte abgebüßt, so dass der Rest auf Bewährung ausgesetzt werden könnte. Verteidiger Volker Hoffmann erwägt zudem Revision gegen das Urteil.

Pfahls hatte zugegeben, von dem nach Kanada geflüchteten Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber im Zusammenhang mit Rüstungsgeschäften rund zwei Millionen Euro Schmiergeld erhalten und nicht versteuert zu haben. «Dieses war kein Stromlinien-Geständnis, es hat sich, gestützt auf Zeugenaussagen, als glaubwürdig und richtig erwiesen», sagte Hofmeister. Bereits zum Prozessauftakt hatte das Gericht für den Fall eines Geständnisses eine Strafe von maximal zwei Jahren und drei Monaten Haft in Aussicht gestellt.

Das Gericht hob hervor, dass Pfahls nicht bestechlich gewesen sei. Der Angeklagte habe zwar die Rüstungsvorhaben von Schreiber durch sein politisches Amt unterstützt und für einen reibungslosen Ablauf bei der Umsetzung gesorgt, ihm könne dabei aber kein pflichtwidriges Verhalten im Sinne der Bestechlichkeit nachgewiesen werden, sagte Hofmeister. Die verhängte Strafe sei keineswegs milde, sondern schuldangemessen. Die hinterzogene Steuer bezifferte das Gericht auf rund eine Million Euro.

Vom ursprünglichen Vorwurf der Bestechlichkeit war die Anklage nach Abschluss der Beweisaufnahme abgerückt. Mehrere Zeugen - darunter Altkanzler Kohl und der frühere Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) - hatten zuvor übereinstimmend erklärt, Pfahls habe auf einen umstrittenen Panzer-Export von 1991 nach Saudi-Arabien keinerlei Einfluss gehabt. Hofmeister sagte: «Pfahls hatte die politische Entscheidung des Kanzlers umzusetzen, egal wie.»

Schreiber habe Schmiergeld an Pfahls gezahlt, weil er sich davon Unterstützung, Einfluss und gute Informationen erhoffte, sagte Hofmeister. «Sie haben sich Geld geben lassen, ohne bestechlich zu sein. Sie waren Provisionist.» Das Gericht könne eine «innere Bereitschaft» zu pflichtwidrigen Handlungen nicht ausschließen, auch wenn dafür keine Beweise vorlägen.

Pfahls war der erste Angeklagte im Schreiber-Komplex, der die Annahme von Schmiergeld über ein Schweizer Tarnkonto und ein Treuhandverhältnis zu dem Lobbyisten zugegeben hatte. Der Angeklagte habe als Erster die «Mauer des Schweigens» durchbrochen, sagte Hofmeister. «Dazu gehört Mut.» Pfahls habe über das Geld ein «faktisches Weisungsrecht» gehabt.

Das Gericht entsprach mit dem Urteil auch dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte ebenfalls ein Strafmaß von zwei Jahren und drei Monaten als angemessen bezeichnet, aber eine Strafe knapp darunter gefordert. Hofmeister forderte den in Toronto lebenden Schreiber auf, sich in Augsburg zu stellen. Wegen einer neuen Gesetzeslage werde er nicht in den «Genuss der Verjährung» kommen.

Unabhängig von einer möglichen Freilassung nach Verbüßung der halben Strafe will der Verteidiger beantragen, dass der Haftbefehl gegen Pfahls sofort außer Vollzug gesetzt wird. Anwalt Hoffmann wies zur Begründung auf eine schwere Magen-Darm-Erkrankung von Pfahls hin, die möglicherweise sogar eine Operation nötig mache. Das Gericht hatte zunächst Fortdauer der Haft angeordnet. (tso)

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