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Im Gefängnis werde sie schlecht behandelt, behauptet Julia Timoschenko.

© dpa

Urteil gegen Oppositionsführerin: Ukrainisches Berufungsgericht bestätigt Haftstrafe gegen Timoschenko

Das oberste ukrainische Berufungsgericht hat am Mittwoch das Urteil gegen die inhaftierte Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko bestätigt. Nun ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ihre letzte Hoffung.

In der Ukraine hat das Oberste Gericht eine Berufung der inhaftierten Oppositionsführerin Julia Timoschenko gegen ihr Hafturteil wegen Amtsmissbrauchs abgelehnt. Der Beschwerde der Ex-Regierungschefin könne nicht stattgegeben werden, sagte Richter Alexander Jelfimow am Mittwoch in Kiew. Er bestätigte damit die siebenjährige Haft in einem Straflager.

Für Timoschenko ist der Europäische Gerichtshof nun die letzte Hoffnung. So sieht es zumindest ihr Anwalt Sergej Wlasenko, der am Dienstag in einer Anhörung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg die inhaftierte ukrainische Ex-Regierungschefin vertrat. An die Richter gewandt sagte er: „Es gibt keine unabhängige Justiz in der Ukraine. Die einzige Hoffnung für Frau Timoschenko sind Sie.“ Die Inhaftierung der Oppositionsführerin ist längst zum Politikum geworden, das sowohl das innenpolitische Klima als auch das Verhältnis zur EU schwer belastet.

Timoschenko, die 2011 wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Gefängnis wurde, wirft der ukrainischen Regierung vor, dass ihre Inhaftierung politisch motiviert war. Wegen der Haftbedingungen und mangelnder medizinischer Versorgung sah sie sich „erniedrigender Behandlung oder Strafe“ ausgesetzt. Auch durch die Dauer-Videoüberwachung in der Zelle werden nach Ansicht der Anwälte ihre Rechte verletzt.

Video: Keine Gnade für Timoschenko

Am 5. August wird die bekannteste Gefangene des Landes in ein Untersuchungsgefängnis in Kiew gebracht. Zelle 242 teilt sie sich mit zwei anderen Frauen. Das Fenster kann nicht geöffnet werden, die Mitgefangenen sind Raucherinnen. Gesundheitliche Probleme für Timoschenko seien die Folge, so ihre Anwälte. Timoschenko sagt, sie könne wegen chronischer Magen-Darm-Erkrankungen und Allergien nichts vom Gefängnis-Essen zu sich nehmen. Nach ein paar Mahlzeiten klagt sie über Magenschmerzen. An den Verhandlungstagen verbringt die Politikerin bis zu 16 Stunden ohne Essen, weil sie keine Lebensmittel mit ins Gericht nehmen darf. Auch dort sieht sie sich Schikanen ausgesetzt: „Sie musste zwei oder mehr Stunden in einem kleinen, etwa 1,20 Meter mal 1,40 Meter großen Raum ohne Fenster verbringen, vor und nach den Anhörungen“, heißt es in ihrer Beschwerde.

Die Sorge um Timoschenko in Bildern:

Wie sollen die europäischen Richter feststellen, wer recht hat in diesem komplizierten Fall? Sie können etwa auf Berichte über die Haftbedingungen in ukrainischen Gefängnissen zurückgreifen. So besuchte eine Delegation des Europarates 2009 auch das Untersuchungsgefängnis in Kiew - und sprach von „beklagenswerten Bedingungen“. Die Gesundheitsvorsorge für die Gefangenen sei „problematisch“, weil es an Personal, Einrichtungen und Mitteln fehle.

Timoschenko wirft der Regierung vor, ihr eine ausreichende medizinische Versorgung verweigert zu haben. Seit Oktober 2011 leidet sie unter starken Rückenschmerzen. Die Behörden gehen davon aus, dass Timoschenko, wenn nicht simuliert, so doch übertreibt. Eine Untersuchung durch Ärzte, die vom Gesundheitsministerium beauftragt werden, lehnt Timoschenko ab. Einen Arzt ihres Vertrauens darf sie nicht hinzuziehen. Ihr Zustand verschlechtert sich. Sie hätte eine umfassende medizinische Behandlung haben können, sagt der Anwalt der ukrainischen Regierung in Straßburg. Aber sie habe sich ja geweigert, sich untersuchen zu lassen. „Alle Verzögerungen der medizinischen Versorgung hat sie selbst verursacht.“ Ärzte der Berliner Charité stellen später fest, dass ihr Bandscheibenvorfall nicht angemessen behandelt wurde.

Im März, als Timoschenko schon in der Strafkolonie in Charkiw inhaftiert ist, verhängt das Straßburger Gericht eine einstweilige Verfügung und fordert Kiew auf, eine angemessene medizinische Versorgung Timoschenkos in einer adäquaten Umgebung sicherzustellen. Daraufhin werden die Behörden aktiv. Am Tag, an dem das Gericht nachfragt, wird die Gefangene plötzlich ins Eisenbahnerkrankenhaus in Charkiw verlegt. Timoschenko sagt, sie sei geschlagen worden, später zeigt sie Blutergüsse. Die könnten andere Ursachen haben, oder sie habe sich die Verletzungen selbst zugefügt, sagt der Vertreter der Regierung. Die deutsche Richterin Angelika Nußberger will wissen, ob ausgerechnet an diesem Tag die Videoüberwachung nicht funktioniert habe.

Ein Urteil des Straßburger Gerichts wird zu einem späteren Zeitpunkt erwartet.

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