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Urteil: Gewissensfreiheit auch bei der Bundeswehr

Das Bundesverwaltungsgericht hat einem Bundeswehr-Major das Recht zugesprochen, einen Befehl zu verweigern. Auch einem Berufssoldaten stehe das Grundrecht auf Gewissensfreiheit zu, urteilten die Richter. (22.06.2005, 17:47 Uhr)

Leipzig - Laut Urteil durfte der Software-Spezialist auf der Bonner Hardthöhe im Frühjahr 2003 seine Mitarbeit an einem speziellen Computerprogramm unter Berufung auf seine Gewissensfreiheit verweigern. Er befürchtete, das Programm könne im Irak-Krieg eingesetzt werden.

Der Wehrdienstsenat sprach den 1957 geborenen Soldaten vom Vorwurf eines Dienstvergehens frei und hob die Herabsetzung zum Hauptmann auf. Damit war die Berufung des Klägers erfolgreich. Die 1. Kammer des Truppendienstgerichts Nord hatte ihn im Februar 2004 trotz guter Leistungen wegen der Befehls-Verweigerung in den Dienstgrad eines Hauptmanns herabgesetzt. Dies hatte auch finanzielle Einbußen zur Folge. Der Wehrdisziplinaranwalt wollte den Soldaten sogar aus dem Dienst entfernen lassen.

Der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Norbert Bicher, sagte: «Wir akzeptieren das Urteil natürlich.» Für eine weitere Bewertung müsse aber die Begründung abgewartet werden. Der Sicherheitsexperte der Grünen-Bundestagsfraktion, Winfried Nachtwei sagte: «Wir sind hoch erfreut über das Urteil, mit dem der Mut und die Rechtstreue eines Berufssoldaten anerkannt wurde.» Der Ungehorsam gegen atomares Wettrüsten und Vorbereitungen auf einen völkerrechtswidrigen Krieg sei gerechtfertigt und verdiene Respekt.

Der frühere Wehrbeauftragte der Bundesregierung Winfried Penner (SPD) sagte der «Leipziger Volkszeitung» (Donnerstag), das Urteil bestätige die gängige Rechtspraxis. Der Fall beschreibe den Soldaten nicht als reinen Befehlsempfänger, sondern politisch Verantwortlichen, als «Staatsbürger in Uniform.»

In dem vorliegenden Fall entschieden die Richter, dass dem Major kein Dienstvergehen nachzuweisen sei. Der Mann habe nicht gegen die Gehorsamspflicht nach dem Soldatengesetz verstoßen. Das Grundrecht der Gewissensfreiheit habe im vorliegenden Fall Vorrang gegenüber dem Befehl. Damit sei dieser für den Berufssoldaten unverbindlich gewesen.

Der Major hatte sich im April 2003 geweigert, an der weiteren Entwicklung eines militärischen Software-Programms mitzuwirken. Seiner Auffassung nach hätte das Produkt die Kriegshandlungen im Irak unterstützen können. Dies könne er nicht mit seinem Gewissen vereinbaren, argumentierte der Soldat. Keiner seiner Vorgesetzten hätte ihm damals - unmittelbar vor Kriegsbeginn - garantieren können, dass seine Ergebnisse nicht zur logistischen Unterstützung der USA genützt würden. Damit bestehe eine indirekte Beteiligung am Irak-Krieg. Jede Unterstützung für den Krieg sei jedoch verfassungs- und völkerrechtswidrig, führte der Major aus. (tso)

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