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Urteil: Sachsen muss Lauschangriff neu regeln

Der Freistaat Sachsen muss sein Gesetz zum "Großen Lauschangriff" ändern. Die Vorschrift verstoße gegen das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung und der Menschenwürde, entschied das Leipziger Verfassungsgericht.

Leipzig (21.07.2005, 12:48 Uhr) - Die Überwachung privaten Wohnraums sei unzureichend geregelt, entschieden die Richter. Zudem werde durch die Gesetzesänderung von April 2004 das Trennungsgebot für Aufgaben von Polizei und Geheimdienst verletzt (Az.: Vf. 67-II-04). Sachsens oberste Richter gaben der Landesregierung bis zum 30. Juni 2006 Zeit, das Gesetz zu ändern.

Völlig aufheben wollte der VGH die Vorschriften nicht, um die Bekämpfung Organisierter Kriminalität nicht zu gefährden. Ab sofort müssten sich Polizei und Verfassungsschutz bei ihren Ermittlungen jedoch an dem Urteil orientieren. Mit dem Urteil war eine Klage von 30 Landtagsabgeordneten der vergangenen Wahlperiode im Wesentlichen erfolgreich.

In dem neuen Gesetz muss der «Große Lauschangriff» laut VGH so geregelt werden, dass der «Kernbereich privater Lebensgestaltung» unangetastet bleibt. Bereits begonnene Abhörmaßnahmen müssen gegebenenfalls abgebrochen oder Aufzeichnungen vernichtet werden, wenn die Intimsphäre des Belauschten beeinträchtigt ist. Mängel gebe es auch bei der Weitergabe von Daten. «Der Verfassungsschutz darf an die Polizei nur diejenigen Daten weitergeben, die die Polizei auch selber hätte sammeln dürfen», sagte VGH-Präsident Klaus Budewig. Das Gericht berief sich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2004.

Der rechtspolitische Sprecher der Linkspartei, Klaus Bartl, begrüßte die Entscheidung. 29 Landtagsabgeordnete seiner damals noch PDS genannten Partei sowie eine parteilose Parlamentarierin hatten geklagt. Ihr Vertreter, Verfassungsrechtler Erhard Dennigner, zeigte sich erfreut über das Urteil. «Unser Ziel ist im Wesentlichen erreicht.»

Aber auch der Freistaat sah sich trotz der erforderlichen Änderungen in seiner Position bestätigt. «Die entscheidende Frage ist zu unseren Gunsten entschieden worden: Der Wohnraum darf beobachtet werden - nur die Gesetze müssen nachgebessert werden», sagte Sicherheitsrechtler Dirk Heckmann. Die CDU-Landtagsfraktion betonte, die erweiterte Zuständigkeit des Verfassungsschutzes müsse mit Blick auf den Terrorismus beibehalten werden. (tso)

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