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Der Mufti von Jerusalem, Mohammed Hussein (2.v.l.), lässt mit einem freigelassenen palästinensischen Häftling (M.) eine Friedenstaube frei.

© AFP

US-Außenminister auf Nahost-Besuch: Kerry verlässt sich auf Europa

US-Außenminister Kerry startet zu einer neuen Friedensmission im Nahen Osten. Doch wie so oft gibt es zum Auftakt neue Spannungen zwischen Israel und den Palästinensern.

Kurz vor einer neuen Nahostmission des amerikanischen Außenministers John Kerry gibt es neue Spannungen zwischen Israel und den Palästinensern. Israel ließ zwar 26 weitere palästinensische Langzeithäftlinge frei. Wie bei früheren Freilassungen, die bei der Wiederaufnahme der Friedensgespräche im Juli 2013 vereinbart worden waren, könnte die Regierung von Premierminister Benjamin Netanjahu den Schritt jedoch mit der Ankündigung neuer Siedlungsbaumaßnahmen verknüpfen. Israelischen Medienberichten zufolge will Israel in den kommenden Tagen den Bau von etwa 1400 Siedlerwohnungen verkünden, obwohl Kerry Premier Netanjahu ausdrücklich vor einer solchen Provokation gewarnt hatte. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas erklärte, die Palästinenser würden ihren Beobachterstatus als Nichtmitgliedstaat der Vereinten Nationen zu „politischen, diplomatischen und juristischen Maßnahmen“ nutzen, um neue Siedlungen zu verhindern.

Kerry will mit seinem mehrtägigen Besuch in der Region den gefährdeten Friedensprozess am Leben erhalten. Geplant waren nach seiner Anreise am Mittwoch unter anderem Treffen mit Netanjahu und mit Abbas. Letzterer will den US-Außenminister am Freitag in Ramallah im Westjordanland empfangen.

Kerry arbeitet an einem Rahmenabkommen für einen israelisch-palästinensischen Frieden. Der Druck auf Abbas und insbesondere auf Netanjahu wächst täglich. Während Kerry mit beiden Politikern telefonisch Kontakt hält, sind nicht weniger als 130 Experten seit längerem in seinem Auftrag damit beschäftigt, den Rahmen für die Endstatuslösung abzustecken. Die beiden Chefunterhändler Zippi Livni und Saeb Erekat haben sich in den letzten fünf Monaten seit Wiederaufnahme der direkten Verhandlungen mehr als 20 Mal getroffen. Ende Januar will Kerry den Entwurf des Abkommens beiden Seiten vorlegen. Bis Ende April, so die offizielle Planung, soll es verabschiedet werden, allerdings sprechen die Amerikaner bereits jetzt von einer möglichen Fristverlängerung.

Nachdem seit einigen Wochen immer wieder vom scheinbar unlösbaren Problem der Jordansenke die Rede war, hat Kerry – laut der israelischen Zeitung „Yedioth Ahronoth“ – einen eigenen Kompromiss vorgelegt, der allerdings von den Konfliktparteien abgelehnt wird. Während Israel auf einer langjährigen Militärpräsenz entlang des Jordans besteht, den es als östliche Sicherheitsgrenze bezeichnet, hat Abbas mehrfach betont, er werde „keinen einzigen israelischen Soldaten“ auf dem Gebiet des künftigen palästinensischen Staates dulden. Kerry verlangt nun von Israel die Räumung der Siedlungen in der Jordansenke südlich des Sees Genezareth bis zum Toten Meer, im Gegenzug soll die Truppenstationierung aufrecht erhalten werden. Israel soll zudem den Palästinensern erlauben, anstelle der israelischen Siedlungen dort eigene Ortschaften zu errichten.

Ganz offensichtlich verlässt sich Kerry auf den Druck von EU-Staaten auf beide Verhandlungsseiten, um eine Einigung zu erreichen. Sollten seine Bemühungen scheitern, so wird in Israel befürchtet, werde die EU die Schuld am Fiasko wohl mehrheitlich oder ganz Israel zuschieben. Und die EU hat laut israelischen Diplomaten in Europa klargestellt, dass Israel mit Sanktionen rechnen müsse, sollte es die Friedensbemühungen durch neue Siedlungsaktivitäten untergraben. Abbas drohen die Europäer gleichzeitig mit der Streichung der jährlichen Finanzhilfe in Höhe von 300 Millionen Euro, falls die Palästinenser die Verhandlungen abbrechen sollten.
Die EU droht Israel und den Palästinensern aber nicht nur, sie lockt auf der anderen Seite auch mit Versprechungen für den Erfolgsfall. Beide Konfliktparteien sollen „beispiellose Hilfszusagen“ erhalten haben, zu denen unter anderem ein erweiterter bis freier Zugang zum EU-Markt gehört, eine Intensivierung der kulturellen und wirtschaftlichen Kontakte und Kooperationen und vieles mehr.

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