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Cindy Sheehan

© AFP

US-Friedensbewegung: Soldatenmutter: Sohn "für nichts gestorben"

Cindy Sheehan verlor ihren Sohn im April 2004 im Irak, und schloss sich dann der US-Friedensbewegung an. Nun hat sie aufgegeben - ihr Sohn sei für ein Land gestorben, dem der nächste Superstar wichtiger sei als der Tod vieler Soldaten.

Die US-Soldatenmutter und prominente Kriegsgegnerin Cindy Sheehan kann nicht mehr. Sie wolle nicht länger "das 'Gesicht' der amerikanischen Anti-Kriegsbewegung" sein, schrieb die etwa 50-Jährige jetzt in einem Blog-Eintrag im Internet. "Dies ist mein Kündigungsschreiben." Sie sei zu der niederschmetternden Erkenntnis gelangt, dass ihr Sohn Casey "tatsächlich für nichts" gestorben sei. Seit dem Tod ihres Sohnes im April 2004 im Irak hatte Sheehan verbissen gegen den Krieg gekämpft. Um ein Gespräch mit US-Präsident George W. Bush zu erzwingen, hatte sie vor seiner Ranch im Bundesstaat Texas ein Lager aufgeschlagen und dort wochenlang ausgeharrt.

Seit Caseys Tod im April 2004 - nur fünf Tage nach seiner Ankunft in Bagdad - habe sie Tag für Tag versucht, seinem Opfer einen Sinn zu geben, schrieb Sheehan. Aber ihr Sohn sei für ein Land gestorben, "dem es wichtiger ist, wer der nächste 'Superstar' wird als wie viele Menschen in den kommenden Monaten sterben werden". Demokraten und Republikaner spielten derweil mit Menschenleben, kritisierte die Mutter des gefallenen Soldaten. "Es tut mir so weh zu wissen, dass ich so viele Jahre in dieses System eingezahlt habe. "Ihr Sohn habe den Preis für diese Ergebenheit bezahlt. "Ich habe meinen Jungen im Stich gelassen, und das tut am meisten weh."

Hoher Preis für Sheehans Engagement

Für ihr Engagement hat die aus Kalifornien stammende Sheehan neben zahlreichen Festnahmen auch privat einen hohen Preis gezahlt. Ihr Ehemann Patrick verlangte wegen "unüberbrückbarer Differenzen" nach 28 Jahren die Scheidung - Medienberichten zufolge war er nicht mit ihren Aktivitäten in der Antikriegs-Bewegung einverstanden. Sheehan selbst schwieg dazu: Dies sei eine Privatsache, erklärte die Aktivistin und machte weiter.

Noch im Januar nahm sie in Kuba an einem Protesttag gegen das US-Gefangenenlager in Guantanamo Bay im Osten der Insel teil. Im März 2006 wollte sie der US-Mission der Vereinten Nationen in New York eine Petition mit 72.000 Unterschriften für den Abzug der US-Truppen aus dem Irak übergeben. Gemeinsam mit anderen Aktivistinnen wurde sie festgenommen. Einen Monat zuvor war sie bereits verhaftet worden, weil sie mit einem T-Shirt mit Anti-Kriegs-Aufdruck auf der Zuschauertribüne des Kongresses die Rede von Bush zur Lage der Nation verfolgen wollte. Auf dem T-Shirt stand in Anspielung auf den Irak-Einsatz der US-Truppen in englischer Sprache "2245 Tote. Wie viele noch?" Schon im September 2005 war die Autorin mehrer Bücher wegen einer ungenehmigten Sitzblockade vor dem Weißen Haus festgenommen worden.

Zurück in die Mutterrolle

Nach dem Tod ihres Sohnes im Irak hatte Sheehan die Protestbewegung "Gold Star Families for Peace" gegründet, die aus Hinterbliebenen getöteter Soldaten besteht. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in den USA eine Organisation Gold Star Wives of America zur Unterstützung von Soldatenwitwen. Trotz der zunehmenden medialen Aufmerksamkeit für die Aktivistin verweigerte Bush, der sich bereits kurz nach dem Tode ihres Sohnes mit ihr getroffen hatte, ein weiteres Gespräch mit Sheehan. "Ich kann nicht verstehen, warum er nicht zehn Minuten mit jemandem verbringen kann, dem er das Leben zerstört hat", beklagte sie.

Kurz nachdem Bush sich mit seinem Kriegsbudget im Kongress durchsetzte, gab Sheehan nun frustriert auf. Sie wolle jetzt "heimgehen und meinen überlebenden Kindern eine Mutter sein", kündigte Sheehan an. Unterdessen sterben im Irak - mehr als vier Jahre nach dem US-Einmarsch - weitere US-Soldaten. Mit mehr als hundert toten US-Soldaten ist der Mai einer der blutigsten Monate für die US-Armee seit März 2003. Von Jean-Louis Doublet, AFP

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