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US-Kongress: Streit um Geheimdienstbericht im Wahlkampf

US-Präsident George W. Bush tritt die Flucht nach vorne an und lässt Teile eines Geheimdienstberichtes über eine erhöhte Terrorgefahr veröffentlichen. Dass der Krieg im Irak die USA unsicherer gemacht habe, will Bush nicht gelten lassen.

Washington - Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai kritisierte er, dass "zur Verfolgung politischer Ziele" Aussagen des Berichts über undichte Stellen vor den Kongresswahlen im November an die Medien gelangt seien. Sechs Wochen vor dem Urnengang steht das Thema im Mittelpunkt einer heftigen Kontroverse zwischen Bush und der oppositionellen Demokratischen Partei.

Der Irak-Konflikt sei "für die Dschihadisten eine 'cause célèbre' ('berühmter Streitfall')" geworden, und der Dschihad (Heilige Krieg) im Irak bringe eine "neue Generation von terroristischen Führern und Agenten hervor", heißt es in den nun von Bush freigebenen Passagen der gemeinsamen Analyse von 16 US-Geheimdiensten. Die demokratische Opposition fühlte sich dadurch bestätigt. Der demokratische Senator John Rockefeller bemerkte, er habe schon seit längerem gesagt, dass die USA durch den Irak-Krieg unsicherer geworden seien. Bush nannte es hingegen "naiv", solches zu glauben.

In den jetzt teilweise frei gegebenen Ausschnitten des Geheimdienstberichts mit dem Titel "Trends im weltweiten Terrorismus: Auswirkungen für die USA", ist auch davon die Rede, dass ein sich abzeichnender Sieg der "Dschihadisten" im Irak ihre Gesinnungsgenossen dazu inspirieren würde, den Kampf woanders fortzusetzen. Falls umgekehrt die Dschihadisten den Eindruck hätten oder erweckten, gescheitert zu sein, würden weniger Kämpfer ihrem Beispiel folgen. Der republikanische Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, John Boehner, berief sich auf diese Passagen und sagte, der "Erfolg der USA im Irak" sei ausschlaggebend dafür, dass die "terroristische Gefahr" nicht zunehme.

Wasser auf die Mühlen der Demokraten

Bush trat mit der teilweisen Veröffentlichung des Berichts die Flucht nach vorne an. Einige Zeitungen hatten bereits am Wochenende Passagen daraus abgedruckt. Demnach kamen die 16 US-Dienste zu dem Schluss, dass der Krieg im Irak "das allgemeine Terrorproblem verschlimmert" habe. Dies war Wasser auf die Mühlen der Demokraten. Medienberichte besagten zudem, die Entwürfe für den Bericht seien mehrmals geändert worden - auch, weil einige Regierungsvertreter mit dessen Ausrichtung unzufrieden gewesen seien. Unter anderem sei in ersten Entwürfen auf konkrete Aktionen der US-Regierung verwiesen worden, die Extremismus hätten erzeugen können, etwa die Misshandlungen im Gefängnis von Abu Ghraib bei Bagdad oder das US-Gefangenenlager in Guantanamo Bay auf Kuba.

Nach der Fertigstellung des seit längerem geplanten Berichts bestand die demokratische Opposition auf dessen vollständiger Veröffentlichung. "Das letzte, was wir brauchen, ist eine selektive Veröffentlichung gewisser Teile des Berichts", sagte der demokratische Senator Edward Kennedy und warnte vor dem "verzweifelten Versuch" der Regierung, "die ganze Wahrheit zu verbergen". Bei der Wahl spielt das Thema eine zentrale Rolle. Zum einen geht es um den Irak-Krieg, zum anderen um die Anti-Terror-Politik. Der Krieg ist bei der Bevölkerung zunehmend unbeliebt, bei letzterer halten die Wähler laut Umfragen das Bush-Lager für "kompetenter" als die Demokraten. Am 7. November werden das Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats neu gewählt. (tso/AFP)

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