zum Hauptinhalt
Angriff auf Syrien gut durchdacht? US-Präsident Donald Trump

© AFP

US-Militärschlag in Syrien: Trump macht Politik mit Fernsehbildern

Trump zwingt mit seinem Militärschlag all jene zum Beifall, die bisher nur entsetzt über ihn waren. Dabei weiß niemand, ob er die Risiken rational kalkulieren ließ. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Hans Monath

In der Nacht zum Freitag haben 59 amerikanische Tomahawk-Marschflugkörper eine Antwort auf die Frage gegeben, ob die Menschheit weiter ohnmächtig zusehen muss, wie das Assad-Regime in Syrien Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung einsetzt. Jetzt steht fest: Nein, man kann dem Diktator in den Arm fallen. Ausgerechnet der Schrecken der zivilisierten Welt, nämlich Donald Trump, hat bewiesen, dass die zivilisierte Welt nicht jeden Zivilisationsbruch hinnehmen muss.

Seine Entscheidung löst ein Gefühl der Erleichterung aus, auch weil sein Vorgänger Barack Obama zwar rote Linien gezogen hatte, dann aber untätig blieb, als Assad sie überschritt. Das schwächte die USA und den Westen. Sein Nachfolger handelt nun, demonstriert die Macht der Tat. Und zwingt in den Partnerländern all jene zu Beifall und Gefolgschaft, die bisher über seine Urteile und Handlungen immer nur entsetzt waren. Auch die Bundesregierung stellt sich an Trumps Seite.

Der Luftschlag ist vor allem ein Signal an Assad und die Welt – eine Warnung vor Wiederholungstaten. Darin liegt sein Wert. Die militärische Lage verändert er indes kaum. Die Macht des Regimes in Damaskus wird nur auf symbolische Weise begrenzt, der „Regimechange“ bleibt aus. Es wird weiter gekämpft, Menschen hungern und sterben. Auch sind die Interessen der Interventionsmächte im Bürgerkrieg nicht ernsthaft tangiert worden. So weit wollte Trump nicht gehen. Das ist bitter für Assads Opfer. Doch so zynisch es klingen mag, die Welt kann trotzdem erleichtert sein. Moskau wird keinen militärischen Konflikt mit den USA in Syrien suchen, solange seine strategischen Ziele nicht betroffen sind und Trump es bei dem einen Schlag belässt.

Eine US-Strategie ist nicht erkennbar

Dass Trump und mit ihm seine Unterstützer in der Bundesregierung das Völkerrecht arg strapazieren, gerät fast aus dem Blick: Angedroht hatte der Sicherheitsrat ein militärisches Eingreifen gegen weitere Giftgaseinsätze in seiner Resolution 2118 aus dem Jahr 2013. Doch einen Beschluss des Gremiums, der Drohung nun Taten folgen zu lassen, gibt es wegen der russischen Blockade nicht. Es stimmt: Alles Mögliche ist versucht worden, damit das syrische Regime keine weiteren Kriegsverbrechen mit Gas begeht. Doch die Lücke schließt das nicht. Andere Mächte werden das nach Kräften ausnutzen, wenn der Westen ihnen wieder Völkerrechtsbruch vorwirft.

Beunruhigend ist auch, dass Donald Trump vor allem TV-Politik macht: Es sind die TV-Bilder im Gastod verkrümmter syrischer Kinder, die die Weltöffentlichkeit und auch ihn erschüttert haben. Er antwortet mit einem einfachen Mittel, das seine Wähler emotional gut verstehen: mit TV-Bildern startender Tomahawk-Raketen. Das soll amerikanische Stärke zeigen. Ob eine politische Lösung für den Konflikt dadurch näher rückt, ist sehr fraglich. Eine US-Strategie dafür ist zumindest bisher nicht erkennbar. Dass sich Russland in den Genfer Syrien-Verhandlungen nun konstruktiver verhalten oder gar mehr Druck auf Assad aufbauen wird, ist unwahrscheinlich.

Und schließlich bleibt das Problem, was der Beifall der westlichen Welt mit Trump anstellt, von dem niemand weiß, ob er die Risiken rational kalkuliert sowie die Lage und sich selbst kontrolliert. Zivilisiert ihn der Beifall oder verleitet er ihn zu neuen, schnellen weltpolitischen Entscheidungen? Ins Gefühl der Erleichterung mischen sich bohrende Fragen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false