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US-Präsident beim G20-Gipfel: Wie die Isolierung Trump stärkt

Bei G20 stand der US-Präsident am Ende allein auf weiter Flur. Das könnte ihn aber bestätigen: Es nährt sein Märtyrer-Narrativ. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Max Tholl

Flammende Autos und staatsmännisches Händeschütteln: Viele Bilder des G-20-Gipfels dürften im Gedächtnis hängen geblieben sein. Eines davon zeigt den amerikanischen Präsidenten nach der Begrüßung durch die Gastgeberin Angela Merkel. Die Kanzlerin wendet sich vom Präsidenten ab, der mit geballter Faust in Richtung der Kameras blickt: Seht her, hier kommt der Gewinner-Typ. Das Bild resümiert den Gipfel aus Trumps Sicht: Die Welt wendet sich von uns ab, aber wir werden siegen.

Ja, es ist Merkel gelungen, Trump für seine Absage an die Klimarettung auf dem Gipfel zu isolieren, aber ist es ihr auch gelungen, ihn zu schwächen? In der G-20-Abschlusserklärung gibt es erstmals einen klaren Dissens. Die Position der USA zum Pariser-Abkommen wurde offiziell "zur Kenntnis" genommen, das Abkommen selber als "unumkehrbar" bezeichnet. Gleichzeitig wird Trump bei seiner "Klimapolitik" viel Handlungsfreiraum gelassen. Die USA wollen anderen Staaten dabei helfen, auf fossile Brennstoffe zuzugreifen und sie "sauberer und effizienter zu nutzen". Dabei sind gerade diese Brennstoffe, von denen Amerika reichlich besitzt und gut daran verdient, ein großes Hindernis für die Klimarettung. Eine klare Niederlage sieht anders aus.

Isolation nährt Trumps Hybris

Auch beim zweiten großen Streitthema, dem Freihandel, wurde ordentlich gedehnt: Es gab ein klares Ja zum Freihandel, aber eben auch die Anerkennung der "Rolle legitimer Verteidigungsmittel im Handel" und damit kein ganz klares Nein zu Trumps Protektionismus. Es ist vielleicht die Achillesferse der Diplomatie, dass sie in ihrem Streben nach Deeskalation gerade den Eskalierenden oft in die Karten spielt. Denn statt klarer Kritik gab es für Trump salomonische Formulierungen. Und die dürften ihn in seinem außenpolitischen Kurs bestätigt haben.

Das Problem ist klar: Die USA haben als größte Volkswirtschaft der Welt eine Hausmacht in fast allen weltpolitischen Foren. Man kann sie zwar isolieren, aber nicht übergehen. Wer an globalen Lösungsansätzen interessiert ist, kommt an Trump nicht vorbei. Die amerikanische Umweltwissenschaftlerin Jennifer Jacquet schreibt in ihrem Buch „Scham“, dass das Isolieren und Anprangern schwarzer Schafe meist der einzige Hebel ist, der einem in solchen Fällen zur Verfügung steht. Wer sich Trumps Twitter-Profil anschaut, sollte aber verstehen, wieso weder Isolation noch Scham als politische Mittel gegen ihn wirken werden. Im Gegenteil: Sie nähren seine Hybris. Er gegen alle.

Amerika will nicht mehr führen

Was Trump wirklich fürchtet, sind Rückschläge zu Hause. Diese können ihn die nächste Wahl kosten. Ihn zu isolieren nährt aber das Narrativ von Trump, dem Märtyrer und damit seinen Erfolg . Wer ihm vorwirft, keine globale Führungsrolle mehr zu übernehmen, sollte sich fragen, ob Amerika diese überhaupt noch goutiert. Die Obama-Jahre waren eine Ausnahme in einem Land, das sich spätestens mit der Jahrtausendwende selber in die Isolation verabschiedet hat. Wenn Trump international ohne klare Konsequenzen agieren und seine Interessen gegen das Gemeinwohl durchboxen kann, wandelt sich die Außenpolitik am Ende noch zu seiner Stärke.

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