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US-Präsident Donald Trump spricht wieder populistisch wie im Wahlkampf.

© Rick Scuteri/dpa

US-Präsident: Trump findet seine Reaktion auf Rassismus "perfekt"

Nach der Rede des Präsidenten in Phoenix wachsen die Zweifel an seiner Eignung für das Amt. Oppositionspolitiker fordern eine Untersuchung seines mentalen Zustands.

Es ist wie bei Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Am Montag hatte US-Präsident Donald Trump eine neue Strategie für den Krieg in Afghanistan vorgestellt und dabei nüchterne Schlussfolgerungen als Ergebnis sorgfältiger Abwägungen präsentiert. Nur 24 Stunden später erlebte Amerika einen ganz anderen Trump. Bei einer wahlkampfähnlichen Veranstaltung in Arizona zog der 71-Jährige hetzerisch und mit ganz offensichtlichen Lügen über politische Gegner und die Medien her. Der Auftritt lässt die Zweifel an Trumps Tauglichkeit für das Präsidentenamt wachsen. Die Frage, ob der Präsident seine Amtszeit im Weißen Haus regulär beenden kann, wird immer lauter gestellt.

Zurück in der Opferrolle

Vor Tausenden seiner Anhänger in Phoenix verteidigte Trump seine umstrittene Reaktion auf die rechtsextreme Gewalt in der Stadt Charlottesville am 12. August. Er habe eine „perfekte“ Stellungnahme abgegeben, sagte Trump und las Passagen seiner Kommentare vor. Dabei ließ er aber den entscheidenden Satz weg, in dem er die Gewalt der Neonazis und die Kundgebung der Gegendemonstranten in Charlottesville auf eine Stufe gestellt hatte. Auf diese Weise stellte er sich als Opfer einer Medienkampagne dar. Trump attackierte die Medien als verleumderisch und zeigte anklagend auf die Kameras im Saal, mit denen seine Rede live auf mehreren Kanälen übertragen wurde. Mit der Medienschelte begeistert Trump regelmäßig seine rechtsgerichtete Anhängerschaft.

Trump griff auch Kritiker seiner Politik in seiner eigenen Partei scharf an. Zu den republikanischen Spitzenpolitikern, die seinen Zorn auf sich gezogen haben, gehört der Fraktionschef der Mehrheitspartei im Senat, Mitch McConnell. Laut einem Bericht der „New York Times“ hat McConnell angesichts der Unberechenbarkeit des Präsidenten hinter verschlossenen Türen die Frage gestellt, ob Trump in der Lage sein werde, die Partei in den Kongress-Wahlkampf im nächsten Jahr zu führen. McConnell ist nicht der Einzige, der ernste Zweifel an der Eignung des Immobilienunternehmers für das Präsidentenamt hat.

"Furchteinflößend und verstörend"

James Clapper, bis Anfang dieses Jahres als US-Geheimdienstkoordinator einer der mächtigsten Männer in Washington, sagte nach Trumps Rede in Phoenix, er zweifle an dessen „Fähigkeit für dieses Amt“. Die Rede des Präsidenten sei „richtiggehend furchteinflößend und verstörend“ gewesen, sagte Clapper dem von Trump heftig attackierten Nachrichtensender CNN.

Oppositionspolitiker im Kongress verlangen mit einem offiziellen Antrag eine Untersuchung von Trumps Geisteszustand. Die Verfassung erlaubt die Entfernung eines Präsidenten aus dem Weißen Haus, wenn der Kongress die Amtsunfähigkeit des Staatsoberhauptes feststellt. Adam Schiff, Obmann der Demokraten im Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses, spricht mit Blick auf Trumps mentalen Zustand von „einigen ernsten Problemen“.

Soll die Amtsenthebung provoziert werden

Einige Beobachter fragen sich unterdessen, ob Trump mit seiner Sprunghaftigkeit und seinen wilden Attacken möglicherweise eine Amtsenthebung provozieren will. Er versuche, sich einen Reim auf die Motive Trumps zu machen, sagte Clapper. „Vielleicht sucht er nach einem Weg, (aus dem Präsidentenamt) herauszukommen.“

Sonderermittler Robert Mueller forscht seit Monaten nach Hinweisen auf eine illegale Zusammenarbeit zwischen Trumps Wahlkampfteam und russischen Regierungsstellen, die versucht hatten, Einfluss auf den US-Präsidentschaftswahlkampf zu nehmen. Sollten diese Nachforschungen konkrete Hinweise ergeben, könnte ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump näherrücken. Tony Schwartz, Koautor von Trumps Bestseller „The Art of the Deal“, sagte auf Twitter voraus, dass der Präsident schon bald zurücktreten könnte, um einer Anklage zu entgehen. Er wäre überrascht, wenn der Präsident am Ende des Jahres immer noch im Amt sein sollte, schrieb der Autor.Thomas Seibert

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