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Eiliger Abgang: Michael Flynn war keine vier Wochen im Amt.

© Reuters

Update

US-Regierung: Flynns Rücktritt beendet Trumps Krise nicht

Nach nur 24 Tagen gab Sicherheitsberater Michael Flynn auf. Sein Rücktritt unterstreicht das Chaos in der Regierung Trump. Im Wahlkampf gab es offenbar wiederholte Kontakte zu russischen Geheimdiensten.

General Michael Flynn reichte seinen Rücktritt als Nationaler Sicherheitsberater ein, noch bevor sein Chef Donald Trump seinen berühmten Spruch aus der Fernseh-Reality-Show „Apprentice“ anbringen konnte: „Du bist gefeuert.“ Doch auch ohne den Satz geht es im Weißen Haus zu wie in einer Seifenoper. Keine vier Wochen nach seinem Amtsantritt gibt die Regierung des 45. Präsident der Vereinigten Staaten ein verheerendes Bild ab. Die Verantwortung dafür liegt vor allem bei Trump selbst.

Flynn, der einen neuen Rekord für den schnellsten Rücktritt eines hohen US-Regierungsmitarbeiters aufstellte, bezeichnete seinen erzwungenen Abschied als „unfair“, wie er am Dienstag auf Twitter schrieb. Doch wenn ein Sündenbock gebraucht werde, dann stehe er zur Verfügung, fügte er voller Selbstmitleid hinzu.

Nicht nur dieser Kommentar bestätigt im Nachhinein die großen Zweifel an der Eignung des Ex-Generals Flynn für einen der wichtigsten Posten in der Regierung der Supermacht USA. Noch vor seinem Amtsantritt hatte Flynn dem russischen Botschafter in Washington, Sergej Kislyak, offenbar die Aufhebung kürzlich erlassener Sanktionen gegen Moskau in Aussicht gestellt. Zunächst versicherte Flynn dem Vizepräsidenten Mike Pence, das Thema Sanktionen sei in den Unterhaltungen nicht angesprochen worden. Als gegenteilige Medienberichte auftauchten und die Bundespolizei FBI Ermittlungen einleitete, ruderte Flynn zurück und erklärte, er könne sich nicht mehr genau erinnern, was er dem Botschafter erzählt habe.

Das war der Anfang vom Ende für Flynn. Pence fühlte sich belogen. „Sich nicht erinnern zu können, ist keine Eigenschaft, die wir beim Nationalen Sicherheitsberater gebrauchen können“, zitierte der Sender CNN einen Gewährsmann in der Regierung. Die oppositionellen US-Demokraten im Kongress fordern eine gründliche Aufarbeitung des Skandals – sie wittern die Chance, Trump in die Defensive drängen zu können.

Die „New York Times“ geht derweil auf einen weiteren Aspekt der Russland-Kontakte ein, der Trump Probleme bereiten könnte. Der Zeitung zufolge sollen führende Mitarbeiter Trumps im Wahlkampf wiederholt mit russischen Geheimdiensten telefoniert haben, darunter auch der frühere Wahlkampfchef Paul Manafort. US-Justizbehörden und US-Geheimdienste hätten die Anrufe abgefangen, hieß es. Die Telefonate seien zu einem Zeitpunkt registriert worden, als sich die Hinweise auf russische Cyberangriffe auf die Demokraten während des Wahlkampfs mehrten. Manafort, der enge berufliche Kontakte nach Russland und in die Ukraine pflegt, nannte den Bericht „absurd“.

Trotz der nach Art eines Schnellen Brüters inflationären Zahl von Dekreten hat Trump bislang mit jeder seiner Aktionen mehr Verwirrung gestiftet als Klarheit geschaffen. Er kann immer weniger ernst genommen werden.

schreibt NutzerIn civis42

Mitarbeiter des Sicherheitsrates erfuhren aus Medien von Flynns Abschied

Aus Flynns geplantem Besuch bei der Münchner Sicherheitskonferenz am Wochenende wird nun nichts werden. Dessen Amtsgeschäfte übernimmt vorerst der frühere Generalleutnant Joseph Kellogg. Ob der Vietnam-Veteran in dem Regierungs-Chaos viel ausrichten kann, ist unsicher. Wie die „New York Times“ berichtete, wurden Mitarbeiter des Nationalen Sicherheitsrates nicht vom Weißen Haus über Flynns Abschied informiert, sondern erfuhren aus Medienberichten vom Abgang des Ex-Generals.

Kellogg ist vielleicht mehr als nur eine Übergangslösung. Laut Medienberichten gehört der Ex-Generalleutnant wie der Ex-Geheimdienstchef David Petraeus und der ehemalige Vizeadmiral Bob Harward zu den Kandidaten für Flynns Nachfolge. Petraeus ist umstritten, weil er im Jahr 2012 zurücktreten musste, nachdem er seiner Geliebten angeblich Militärgeheimnisse verraten hatte. Harward wurde von Flynn als Nachfolger vorgeschlagen – was derzeit keine Empfehlung ist.

Flynn, der wegen pro-russischer Tendenzen und seiner Islamophobie umstritten war, hatte lange an Trumps Seite gestanden. Loyalität zählt für den Präsidenten und Immobilienmogul mitunter zwar mehr als Sachkenntnis. Doch selbst für Trump war Flynn nicht mehr zu halten, weil er sich als unzuverlässig erwies.

Auch andere enge Mitarbeiter des Präsidenten sind angeschlagen. Beraterin Kellyanne Conway hat sich möglicherweise strafbar gemacht, weil sie öffentlich für die Modekollektion von Trumps Tochter Ivanka Reklame machte. Noch steht Trump zu ihr. Weniger sicher ist das bei Präsidialamtssprecher Sean Spicer. Der Sprecher, der bei Pressekonferenzen den Wadenbeißer gibt, wird immer mehr zur Witzfigur: So wird Spicer in der Satiresendung „Saturday Night Live“ regelmäßig als cholerischer Phrasendrescher karikiert. Auch Trumps Stabschef im Weißen Haus, Reince Priebus, ist nach drei Wochen bereits in Schwierigkeiten.

Pannen gibt es in jeder US-Regierung – doch bei Trump hat das Chaos System. Der Präsident belohnt treue Wahlkampfhelfer mit Posten, die für sie eine Nummer zu groß sind, und umgibt sich mit Beratern, die gegenteilige Überzeugungen vertreten. Das wird zu einer Quelle von Dauerclinch und Intrigen. Laut einer Umfrage des Gallup-Instituts sinkt Trumps Ansehen in den USA weiter.

Die ohnehin sehr niedrige Zustimmungsrate von 45 Prozent für Trump bei dessen Amtsantritt ist inzwischen auf 40 Prozent gefallen. Das könnte Trump politisch gefährlich werden. Für viele Senatoren und Kongressabgeordnete beginnt bald der Wahlkampf für die Wahlen im Herbst 2018: Das Chaos im Weißen Haus könnte Parteifreunde von Trump veranlassen, sich aus Eigeninteresse vom Präsidenten abzusetzen. (mit AFP)

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