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Donald Trump bei einer Wahlveranstaltung in Florida am Mittwoch.

© REUTERS/Mike Segar

US-Wahlkampf: Mehrere Frauen werfen Trump sexuelle Belästigung vor

Donald Trump gerät immer mehr in Bedrängnis. Drei Frauen äußern in den Medien Belästigungsvorwürfe, in den Umfragen fällt der Republikaner weiter zurück.

Knapp eine Woche nach Bekanntwerden der sexuell aggressiven Sprüche von Donald Trump haben sich drei mutmaßliche Missbrauchsopfer des republikanischen Präsidentschaftskandidaten zu Wort gemeldet. Die heute 74-jährige Jessica Leeds sagte der „New York Times“, Trump habe ihr während eines Fluges in den 1970er Jahren an die Brüste gefasst. Die zweite Frau, Rachel Crooks, sagte dem Blatt, Trump habe sie im Jahr 2005 in einem Fahrstuhl gegen ihren Willen geküsst. Trump wies die Anschuldigungen zurück und drohte der Zeitung mit einer Klage.

Eine dritte Frau, Mindy McGillivray, sagte der Zeitung „Palm Beach Post“ in Florida, Trump habe ihr im Jahr 2003 an den Hintern gefasst. Keine der Frauen wandte sich nach den angeblichen Übergriffen von Trump an die Behörden; sie berichteten aber Freunden und Verwandten von den Ereignissen.

Zunächst blieb offen, welche Folgen der Zeitungsbericht für den in die Defensive geratenen Kandidaten haben würde. Der Milliardär betont, er habe zwar davon gesprochen, wie er Frauen ins Bett bekommen wolle und wie er fremde Frauen küsse, dies aber nie wirklich getan.

Bis zu neun Prozentpunkte ist Trump laut den neuesten landesweiten Umfragen seit Bekanntwerden seiner rüden Äußerungen über Frauen vergangene Woche hinter Clinton zurückgefallen. Auch in fast allen der besonders umkämpften Bundesstaaten, die für das Wahlergebnis am 8. November wichtig sein werden, liegt Clinton vorn. Das Wahlkampfteam der früheren Außenministerin macht sich schon Sorgen, dass viele Clinton-Anhänger am Wahltag im Gefühl des sicheren Sieges zu Hause bleiben könnten.

Clinton: Trump lebt in einer anderen Realität

Doch für Trump sieht die Welt anders aus. Vor seinen Anhängern verliest er Umfragen, nach denen er bis zu 90 Prozent der Zuschauer der letzten TV-Debatte von sich überzeugt hat. Was er verschweigt oder schlicht ignoriert, ist die Tatsache, dass es sich dabei um Online-Befragungen rechtsgerichteter Medien handelt, deren Teilnehmer nicht repräsentativ ausgewählt wurden.

Clinton hatte Trump nicht ohne Grund in der Debatte am vergangenen Sonntag vorgeworfen, er lebe in einer „anderen Realität“. In dieser Realität ist die Parteiführung von Trumps Republikanern, die inzwischen offen gegen den eigenen Kandidaten Stellung bezieht, eine Bande von Verrätern. Journalisten, die kritische Fragen stellen, sind Fußsoldaten von Clinton. Massen begeisterter Zuhörer bei Trump-Veranstaltungen bilden das wahre Amerika ab.

Sollte Clinton im November gewinnen, könne das nur das Ergebnis von Wahlmanipulationen sein, sagt Trump deshalb. Vor einigen Tagen rief er seine Anhänger in Pennsylvania auf, sie sollten am Wahltag genau aufpassen, denn „wir wollen nicht, dass man uns diese Wahl stiehlt“. Laut dem Umfragedurchschnitt der seriösen Website RealClearPolitics liegt Trump in Pennsylvania fast neun Prozentpunkte hinter Clinton

Trumps Warnungen fallen bei seinen Fans auf fruchtbaren Boden. Viele Anhänger des Milliardärs sind sicher, dass es bei der Wahl nicht mit rechten Dingen zugehen wird – und einige sind bereit, das Gesetz in die eigenen Hände zu nehmen. Bei einer Kundgebung von Trumps Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten, Mike Pence, meldete sich jetzt eine Frau zu Wort und sagte, sie sei wegen angeblicher Schummeleien bei der Wahl bereit zur „Revolution“.

Wie CNN meldete, ging Pence diese militante Stimmung zu weit. „Sagen Sie so etwas nicht“, erwiderte er der Zuhörerin. Wer sich Sorgen über den fairen Ablauf der Wahl mache, solle sich als freiwilliger Wahlhelfer melden.

Tiefer Graben bei Republikanern

Die Parteiführung der Republikaner bekommt die aufgewühlte Stimmung an der Basis ebenfalls zu spüren. Paul Ryan, Präsident des Repräsentantenhauses und damit ranghöchster republikanischer Volksvertreter, wird von manchen Parteifreunden attackiert, weil er Trump die Unterstützung verweigert.

Es gebe einen tiefen Graben zwischen dem republikanischen Fußvolk und der Parteiführung, schrieb die einflussreiche konservative Rundfunk-Kommentatorin und Trump-Unterstützerin Laura Ingraham in einem Beitrag für die Internetseite Lifezette. Die Leute an der Spitze der Partei stünden Clinton näher als der eigenen Basis.

Fest steht, dass die Wahl noch keineswegs gelaufen ist. In den letzten dreieinhalb Wochen wird Trump alles versuchen, das Blatt noch zu wenden. Clinton ist verwundbar, denn sie ist bei den Amerikanern fast so unbeliebt wie Trump. Im August schmolz ihr Vorsprung in den Umfragen von damals zehn Prozentpunkten innerhalb weniger Wochen auf Werte innerhalb der Fehlermarge zusammen.

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Allerdings sollte Trump nicht so viel Hoffnung in die Ereignisse in seinem Parallel-Universum setzen. Angesichts der Schwärmerei des Kandidaten über die große Zahl von Teilnehmern bei seinen Veranstaltungen verwies Katie Packer, eine Beraterin des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Mitt Romney vor vier Jahren, auf eine Massenkundgebung Romneys mit 30.000 Zuschauern nur eine Woche vor der Wahl 2012. Kurz nach der beeindruckenden Großveranstaltung verlor Romney mit großem Stimmenabstand gegen Barack Obama.

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