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Barack Obama

© AFP

USA: Obama geht nächste Reform an

US-Präsident Barack Obama nimmt Anlauf zu einer umfassenden Reform des Einwanderungsrechts. Bei einer Rede in El Paso will er um Latinos werben und Weiße nicht verprellen.

Washington - Es ist das dritte Großprojekt in seiner ersten Amtszeit nach der Reform der Krankenversicherung und der Finanzaufsicht. Am späten Dienstagabend deutscher Zeit hielt er dazu eine Rede in El Paso, Texas, – in Sichtweite zur Grenze mit Mexiko, über die jedes Jahr rund eine Million illegale Einwanderer in die USA kommen. Obama verband dabei zwei auf den ersten Blick widersprüchliche Botschaften: die Verschärfung der Grenzsicherung und der Maßnahmen zur Abschiebung illegaler Einwanderer sowie die parallele Ausweitung legaler Möglichkeiten zur Immigration. „Wir müssen nun zusammenkommen bei einer Reform, die unsere Werte als Rechtsstaat und als Nation von Einwanderern widerspiegelt“, sagte er.

Die Stadt El Paso symbolisiert für die USA auf ähnliche Weise die gegenläufigen Wirtschafts- und Sicherheitsinteressen wie Frankfurt an der Oder für die Deutschen in den Jahren zwischen dem Mauerfall und der Aufnahme Polens in die EU. Auf der anderen Grenzseite sind die Löhne nicht einmal halb so hoch, das stellt die lokale Wirtschaft vor Probleme. Wegen des Schmuggels von Menschen, Waren, Drogen und Waffen ist die Gewalt- und Verbrechensrate hoch. Gleichzeitig versucht El Paso Vorteile aus seiner Grenzlage zu ziehen, zum Beispiel als Standort von US-Konzernen, deren Tochterfirmen auf der Südseite Waren für den riesigen US-Markt billig produzieren, sowie als Logistikzentrum für das internationale Transportgeschäft. Letztlich muss ganz Amerika einen Kompromiss finden zwischen dem Wunsch, die Grenze zu sichern und der Notwendigkeit, billige Arbeitskräfte aus dem Süden zu holen, auf die die Wirtschaft angewiesen ist.

Obamas republikanischer Vorgänger George W. Bush plante eine ähnliche Reform, scheiterte aber am Widerstand seiner Parteifreunde. Ihnen ging der Plan, den schätzungsweise elf Millionen Latinos, die bereits illegal in den USA leben, einen Weg in die Legalität zu öffnen, zu weit. Nach Obamas Kalkül ist der beginnende Wahlkampf für die Präsidentschafts- und Kongresswahl in 18 Monaten ausnahmsweise kein Hindernis für ein umstrittenes Projekt. Die 50 Millionen legal in den USA lebenden Latinos sind die größte und zugleich am schnellsten wachsende Minderheit und damit eine wichtige Wählergruppe, auf die auch die Republikaner Rücksicht nehmen müssen.

Obama betonte in El Paso einerseits seine Härte bei der Grenzsicherung, um konservative Weiße zu beruhigen: Er habe den Grenzschutz auf 20 000 Mann aufgestockt; unter ihm seien jährlich 400 000 Illegale abgeschoben worden, sagte er. Andererseits warb er mit Blick auf die Latino-Wähler für ein liberaleres Immigrationsrecht. 2008 trug diese Gruppe entscheidend zu seinem Wahlsieg bei. Christoph von Marschall

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