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© dpa

USA: Obama lenkt bei Gesundheitsreform ein

Die Kritik war heftig und zeigt Wirkung: Erstmals ist die US-Regierung bereit, auf Teile der staatlichen Krankenversicherung zu verzichten – und damit auf den Kern des Reformwerks.

Der Kampf um die Reform des US-Gesundheitssystem geht in seine entscheidende Phase: Um sein zentrales Wahlkampfversprechen nicht vollends zu gefährden – nicht nur die oppositionellen Republikaner, auch Anhänger aus seiner eigenen Partei hatten sich gegen die Pläne des US-Präsidenten ausgesprochen –, ist Barack Obama erstmals zu Kompromissen bereit: So sagte seine Gesundheitsministerin Kathleen Sebelius, dass die Regierung "unter Umständen" von der Schaffung einer neuen staatlichen Krankenversicherung absehen könne. Stattdessen sei auch ein genossenschaftlich organisiertes Versicherungssystem als Alternative zu den privaten Versicherungsgesellschaften vorstellbar.

Damit rückt Obama von zentralen Forderungen ab, versucht so aber, die Opposition in seine Reformpläne mit einzubinden. Denn um diese im Parlament zu verabschieden, braucht er auch die Stimmen der Republikaner. Mit einem genossenschaftlich organisierten Versicherungssystem würde der Präsident seinen Kritikern nun entgegenkommen. Die liberalen Kräfte in seiner eigenen Partei würde er mit dem Kompromiss jedoch verärgern.

Insbesondere die Republikaner halten Obamas geplanten, etwa eine Billion Dollar teuren Systemumbau des Gesundheitswesens schlicht für zu teuer. Im Kongress, der die Feinheiten der Reform ausarbeiten muss, tobte vor der Sommerpause eine erbitterte Debatte. Die Frage, ob die USA eine obligatorische Krankenversicherung ähnlich wie in Deutschland brauchen oder nicht, spaltet mittlerweile nicht nur die politischen Lager, sondern zunehmend auch die Öffentlichkeit.

Das nun vom Weißen Haus ins Spiel gebrachte Genossenschaftsmodell wird auch unter Abgeordneten seit Monaten diskutiert. Bislang hatte sich die Obama-Regierung aber stets für eine staatliche Versicherung als Alternative zu den privaten Versicherungsträgern ausgesprochen. Doch selbst der demokratische Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Senat, Kent Conrad, sagte, das Werben für das von Obama präferierte staatliche System sei vergebliche Mühe. Für das Genossenschaftsmodell gebe es im Senat hingegen genügend Stimmen. Conrad hatte den Vorschlag im Senat eingebracht.

Obama reist derzeit durch mehrere Bundesstaaten der USA, um für seine Pläne für das Gesundheitswesen zu werben – und gab sich dabei bislang kaum kompromissbereit. Ganz im Gegenteil: Er attackiert die Versicherungsbranche scharf. Das bisherige System sei für die Konzerne besser als für die amerikanischen Bürger, sagte er bei einer Veranstaltung am Wochenende. "Darum werden wir eine Gesundheitsreform verabschieden, die die Versicherungsunternehmen letztlich in die Verantwortung nimmt." Niemand in Amerika solle Pleite gehen, nur weil er krank werde. "Die Versicherungen werden nicht länger den Leistungsumfang willkürlich begrenzen und keine unerhörten Zuzahlungen zu den Beiträgen mehr verlangen dürfen", versprach der Präsident seinen zahlreichen Zuhörern.

Kritikern der Reform warf Obama vor, falsche Informationen über die Reformpläne zu streuen. Der Vorwurf, dass mit einer staatlichen Versicherung der private Versicherungssektor zerstört werde, stimme mit den Fakten nicht überein. So würden die Bürger in die Irre geführt. Zudem sei die Reform nötig, um das Haushaltsdefizit in den Griff zu bekommen.

Auch in seiner wöchentlichen Radioansprache verteidigte Obama sein ehrgeiziges Projekt und versprach erneut eine Krankenversicherung für alle US-Bürger. Kritiker sollten seiner Regierung nicht vorwerfen, sie wolle "Todes-Komitees" einrichten, um kranken Senioren die Behandlung zu verweigern. Der Streit um die Gesundheitsreform werde wieder einmal auf einen "Kampf zwischen Hoffnung und Angst" reduziert, kritisierte der Präsident. Unter anderem hatte die frühere republikanische US-Vizepräsidenten-Kandidatin Sarah Palin öffentlich angeprangert, Obama wolle ein staatliches "Todesgremium" schaffen.

Mit der Gesundheitsreform werde "endlich" jeder eine Krankenversicherung bekommen und damit die "Sicherheit und die Stabilität" erhalten, "an der es heute fehlt", sagte Obama in seiner Radioansprache. "Ich weiß, dass die Idee von Wandel in Zeiten des wirtschaftlichen Umbruchs verunsichernd wirken kann", sagte Obama. "Und ich weiß auch, dass es Bürger gibt, die der Meinung sind, dass der Staat überhaupt keine Rolle bei der Lösung ihrer Probleme spielen sollte." Diese Unterschiede seien auch eine "echte Diskussion wert". Trotzdem gebe es den "dringenden Bedarf", dieses "kaputte System" zu reparieren.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, Reuters

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