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USA-Reise: Merkel wirbt für "offenen und ehrlichen" Dialog

Zum Auftakt ihres USA-Besuchs hat sich Kanzlerin Angela Merkel für einen "offenen und ehrlichen Dialog" mit den USA ausgesprochen. Auch strittige Fragen wie die Bekämpfung von Terrorismus sollten angesprochen werden.

Washington - Auf einer Veranstaltung vor amerikanischen und deutschen Politikern sagte Merkel am Donnerstagabend (Ortszeit) in Washington, beim Vorgehen gegen den Terrorismus seien beide Seiten in einem "Lernprozess". Schlimm wäre es, wenn sich die eine oder andere Seite der Diskussion verweigern würde. Mit Blick auf den Atomstreit mit Iran warb Merkel nachdrücklich für ein gemeinsames Vorgehen der internationalen Staatengemeinschaft. Heute (Freitag) wird die Kanzlerin erstmals nach ihrem Amtsantritt mit US-Präsident George W. Bush im Weißen Haus zusammenkommen.

Merkel griff Iran auf der Veranstaltung scharf an. "Der Iran provoziert." Der Staat habe auch "rote Linien überschritten", sagte die Kanzlerin mit Blick auf die Wiederaufnahme der Urananreicherung durch die Regierung in Teheran. Deutschland arbeitete mit den anderen Ländern daran, "dem Iran zu zeigen, dass sich die internationale Staatengemeinschaft nicht provozieren lässt". Die Staatengemeinschaft sollte in der Krise "eine möglichst breite Grundlage" finden, meinte Merkel. Sie würdigte in diesem Zusammenhang die Zusammenarbeit von Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den USA.

In ihrer Rede und in ihren Antworten auf Fragen wiederholte Merkel nicht ihre Vorbehalte gegen die dauerhafte Existenz des umstrittenen US-Gefangenenlagers Guantánamo auf Kuba. Sie sprach aber davon, dass es in der Frage der Bekämpfung des Terrorismus "unterschiedliche Einschätzungen" gebe. Mit Blick auf das deutsch-amerikanische Verhältnis meinte sie aber auch in diesem Zusammenhang: "Wir müssen die Kraft aufbringen, eine neue Etappe anzugeben."

Aus den Reihen von SPD, Grünen und FDP war vor der Reise die Forderung gekommen, Merkel möge in Washington ebenfalls wie in Deutschland ihre Haltung vortragen, dass das Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba auf Dauer nicht existieren solle.

Nachdrücklich warb die Kanzlerin für eine Debatte über die Zukunft der Vereinten Nationen. Man müsse die internationalen Organisationen zu dem Ort machen, wo gemeinsame Entscheidungen getroffen würden, sagte Merkel. Dabei müsse man sich auch der Frage stellen: "Wie muss das Völkerrecht aussehen, das den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts entspricht?" Auch darüber müsse ein Dialog mit den USA geführt werden, auch wenn es auch hier momentan noch Meinungsunterschiede gebe.

Merkel warb ferner für eine Stärkung der NATO. Sie müsse wieder zu der Institution gemacht werden, wo die westlichen Länder ihre strategischen und politischen Diskussionen führten. Nur dann könne auch die NATO "zu einem umfassenden Akteur im Kampf gegen den internationalen Terrorismus werden."

Von dem Treffen mit Bush wird erwartet, dass beide Seiten die gesamte Palette der internationalen Themen - insbesondere den Atomkonflikt mit Iran ansprechen werden. Bush und Merkel werden im Weißen Haus zunächst eine halbe Stunde unter vier Augen sprechen, heiß es aus Regierungskreisen. Dann wird die Unterredung im Oval Office im Kreis der Delegationen fortgesetzt. Nach etwa anderthalb Stunden ist eine Begegnung mit der Presse vorgesehen. Im Anschluss daran ist ein gemeinsames Mittagessen geplant, zu dem voraussichtlich noch andere Mitglieder der US-Regierung stoßen werden, wie Vize- Präsident Richard Cheney.

Insgesamt werden Bush und Merkel insgesamt drei Stunden zusammen sein. Diese Dauer wurde von Berliner Regierungskreisen schon vorher als "ungewöhnlich hoch bezeichnet". Merkel und Bush haben sich bislang erst einmal kurz getroffen. Bei seinem Deutschland-Besuch vor knapp einem Jahr hatte Bushs Delegation das deutsche Protokoll ausdrücklich gebeten, auch die damalige Oppositionsführerin zu sehen. Die Begegnung dauerte damals 15 Minuten. (tso/dpa)

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