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Aktionstag. Vor kurzem gab es weltweit Proteste gegen die lange Untersuchungshaft von Bradley Manning. Sie dauert bereits mehr als 1000 Tage.

© Christian Ditsch/version-foto.de

USA: Verräterisches Geständnis

Der Soldat Bradley Manning hat in einer Anhörung erstmals zugegeben, vertrauliche Daten an Wikileaks geliefert zu haben.

US-Medien sprechen vom schwersten Fall von Geheimnisverrat in der amerikanischen Geschichte. Antikriegsaktivisten und Bürgerrechtler loben den Angeklagten für seine Taten: Hunderttausende Dokumente soll der Obergefreite Bradley Manning an die Enthüllungsplattform Wikileaks übergeben haben. Am Donnerstag hat der 25-Jährige bei einer Anhörung vor einem Militärgericht in Fort Meade (Maryland) erstmals zugegeben, tatsächlich Quelle von Wikileaks gewesen zu sein – und Beweggründe für sein Vorgehen genannt. Durch die Weitergabe von Dokumenten und Videos habe er eine Debatte über die Rolle des Militärs und der US-Außenpolitik entfachen wollen, erläuterte Manning in einer langen Erklärung.

Dem ehemaligen Geheimdienst-Analysten der US-Armee in Bagdad wird vorgeworfen, während seiner Stationierung im Irak zwischen 2009 und 2010 Wikileaks mit 700 000 größtenteils geheimen Dokumenten versorgt zu haben. Darunter waren sowohl Videos von Luftangriffen im Irak und in Afghanistan, auf denen US-Militärs Zivilisten töteten, als auch Berichte über Gefangene in Guantanamo und rund eine Viertelmillion Depeschen von amerikanischen Diplomaten.

Besonders der von ihm entdeckte Mitschnitt eines Luftangriffs der amerikanischen Streitkräfte am 12. Juli 2007 in Bagdad habe ihn schockiert, erklärte Manning. Bei der Attacke wurden elf Menschen getötet, darunter zwei Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Reuters. Das Video, das Wikileaks unter dem Titel „Kollateralmord“ veröffentlichte und das -immer noch im Internet abzurufen ist, zeigt, wie US-Soldaten aus der Luft mehrere Menschen im Irak ins Visier nehmen und schließlich liquidieren. „Die offensichtliche Blutrünstigkeit der Angreifer war alarmierend“, sagte Manning und verglich die Soldaten mit Kindern, „die Ameisen mit einem Vergrößerungsglas malträtieren“. Zunächst habe er vergeblich versucht, die Dokumente renommierten US-Medien wie den Zeitungen „Washington Post“ und „New York Times“ zuzuspielen – und die Datensätze schließlich an Wikileaks geschickt. Dem Gründer der Enthüllungsplattform, dem Australier Julian Assange, droht wegen der Veröffentlichung der vertraulichen Daten ein Prozess in den USA. Assange genießt derzeit Asyl in der equadorianischen Botschaft in London.

Zuvor hatte sich Manning in zehn von 22 Anklagepunkten schuldig bekannt. Neben dem Verrat von Staatsgeheimnissen, den der Soldat zugegeben hat, werfen die Ankläger dem 25-Jährigen auch vor, durch sein Handeln „den Feind unterstützt“ zu haben. Sie machen geltend, es gebe erdrückende Beweise, dass der Gefreite „konstant, bewusst und methodisch“ interne Dokumente aus regierungseigenen Computern gezogen und dann weitergegeben habe. Für jeden gestandenen Anklagepunkt drohen Manning etwa zwei Jahre Haft. Wegen der anderen, schwerenVergehen könnte er zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt werden. Der Hauptprozess gegen Manning soll am 3. Juni beginnen.

Wie auch immer das juristische Verfahren ausgeht: Von der Strafe, die am Ende verhängt wird, müssen die Richter 112 Tage abziehen. Manning hatte den Erlass im Januar vor Gericht erstritten, wo er gegen seine bisherigen Haftbedingungen geklagt hatte. Der 25-Jährige hatte nach seiner Verhaftung im Herbst 2010 acht Monate im Militärgefängnis von Quantico (Virginia) gesessen. Dort musste er nach eigenen Angaben bis zu 23 Stunden am Tag in Einzelhaft verbringen und nackt in seiner Zelle schlafen. Mittlerweile sitzt Manning im Gefängnis von Fort Meade ein, wo niedrigere Sicherheitsstandards gelten und der Soldat Kontakt zu Mitgefangenen haben darf.

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