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Mit der riesigen Staatsschuld machten die Republikaner (hier Vizepräsidentschaftskandidat Paul Ryan) im Wahlkampf Stimmung gegen Präsident Barack Obama und die Demokraten.

© Reuters

USA vor dem Schuldenabgrund: Obama und die Republikaner suchen Kompromisse

Die Wahlen vom Dienstag haben den Status quo bestätigt – nun müssen der Präsident und seine Gegner, die im Repräsentantenhaus die Mehrheit haben, alles versuchen, um eine Rezession zu vermeiden. Und die Zeit drängt.

Angesichts des Haushaltsstreits zwischen Demokraten und Republikanern hat der wiedergewählte US-Präsident Barack Obama für Freitag eine Erklärung zur Wirtschaftspolitik angekündigt. Obama werde sich um 19.05 Uhr (MEZ) im Weißen Haus äußern, teilte das US-Präsidialamt mit. Erwartet wurde, dass sich Obama zum zur Jahreswende drohenden “Fiscal Cliff“ (Haushaltsklippe) äußern würde. Der Begriff beschreibt die automatisch greifenden Steuererhöhungen und Einsparungen, sollte es zwischen Präsident, Senat und Repräsentantenhaus keine Einigung auf einen neuen Haushaltsplan geben. Die USA könnten dadurch in eine Rezession zurückfallen.
Obama dürfte sich auch in seiner im Januar beginnenden zweiten Amtszeit auf harten Widerstand im Kongress gefasst machen, weil sich die Republikaner bei der Wahl am Dienstag im Repräsentantenhaus erneut die Mehrheit sichern konnten. Im Senat, der zweiten Parlamentskammer, wo jeder der 50 Bundesstaaten zwei Vertreter hat, konnten die Demokraten ihre knappe Vormacht verteidigen. Damit setzt sich das machtpolitische Patt fort.

Die Zeichen stehen deshalb jetzt auf Kompromisssuche. Präsident Barack Obama telefonierte mit dem republikanischen „Speaker“ des Abgeordnetenhauses, John Boehner, um auszuloten, wie Amerika die drohende Verschärfung seiner Budget- und Wirtschaftskrise vermeiden kann. Weitere Sondierungsgespräche führte er mit Nancy Pelosi, die die demokratische Minderheitsfraktion im Abgeordnetenhaus leitet, dem demokratischen Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, sowie dem Chef der republikanischen Minderheitsfraktion im Senat, Mitch McConnell.

Boehner bot öffentlich Entgegenkommen an. Die Republikaner seien bereit, einer Lösung zuzustimmen, die zu höheren Steuereinnahmen führe, sagte er. Unklar ist allerdings, ob die Konservativen zur Erhöhung der Steuersätze bereit sind, wie Obama das wünscht, oder ob sich die höheren Mehreinnahmen allein aus der Streichung von Abschreibungsmöglichkeiten ergeben sollen.

Die Signale, dass beide Lager auf einander zugehen wollen, wurden in den USA mit Erleichterung aufgenommen. Der geteilte Ausgang der Präsidentschafts- und Kongresswahlen in den USA hatte Befürchtungen genährt, dass sich die parteipolitische Blockade der letzten zwei Jahre fortsetzen könnte. Das Resultat hat den „Status quo“ verlängert. stehen

Die gegnerischen Lager können nur gemeinsam handeln. In den Monaten vor der Wahl hatten sie das verweigert und sich gegenseitig die Schuld daran gegeben. Die amerikanischen Börsenkurse fielen, als das Wahlergebnis bekannt wurde. Analysten führten das auf die Sorge zurück, dass sich der Stillstand fortsetzen werde und Amerikas Wirtschaft in eine selbst herbeigeführte Rezession stürzen könnte.

Was ist der "Fiscal Cliff"?

Dieses Szenario nennt man in den USA „Fiscal Cliff“. Drei Faktoren verstärken sich gegenseitig und würden dazu führen, dass der Volkswirtschaft 2013 bis zu 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukt (BIP) an Kaufkraft entzogen werden. Erstens laufen zum Jahresende die reduzierten Sätze für die Einkommensteuer aus, die unter George W. Bush für eine befristete Zeit eingeführt worden waren, um die Konjunktur nach den Anschlägen vom 11. September 2001 anzukurbeln. Der Kongress hatte sie immer wieder verlängert, aber nicht permanent gemacht. Wenn die Bürger höhere Steuern zahlen, fehlt ihnen dieses Geld zum Konsum.

Zweitens wird auch der Staat weniger Geld ausgeben können. Er nimmt zwar mehr ein, wenn die Steuersätze steigen. Doch das Parlament hat automatische Kürzungen für 2013 beschlossen, als es im Sommer 2011 die gesetzliche Schuldenobergrenze erhöhte. Eigentlich lautete der Auftrag, dass Demokraten und Republikaner sich auf Budgetkürzungen von mehr als 200 Milliarden Dollar pro Jahr einigen sollten. Doch da man befürchtete, dass sie dies im Wahlkampf wohl kaum tun werden, beschloss der Kongress, dass bei ausbleibendem Kompromiss die Ausgaben für das Militär und bestimmte soziale Leistungen sinken. Dieser Druck sollte den Willen zum Kompromiss befördern.

Drittens wird auch die Wirtschaft 2013 weniger Geld für Investitionen haben. Denn für die Betriebe erhöhen sich mit dem Jahreswechsel die Sozialabgaben auf die Lohnsumme, die sogenannte „Payroll Tax“. Der Beitragssatz war befristet herabgesetzt worden, um die Konjunktur nach der Finanzkrise zu stimulieren. Nun sollen wieder die alten Sätze gelten, die erforderlich sind, um die Ausgaben für die Grundrente und andere Leistungen zu refinanzieren.

Allgemein wird nun erwartet, dass der Kongress in der Periode bis zur Konstituierung des neuen Parlaments einen Beschluss fasst, der das „Fiscal Cliff“ abwendet. Er könnte die Steuervergünstigungen noch einmal verlängern. Oder die beschlossenen Einsparungen aufschieben. Oder eine Kombination aus beidem beschließen. Dann würde die drohende Rezession vermieden. Dann verschärft sich jedoch das Schuldenproblem. Es beläuft sich auf über 16 Billionen Dollar; das entspricht mehr als hundert Prozent des amerikanischen BIP. Die Fehlbeträge im Budget würden weiter aus neuen Krediten finanziert, und der Schuldenberg wächst weiter. (mit AFP)

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