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Das Papamobil leckt. Paolo Gabriele, der ehemalige Kammerdiener seiner Heiligkeit, war wohl nicht der einzige, der den Papst bestohlen hat. Nun wird auch ein Informatiker aus dem Vatikan beschuldigt.

© dpa

"Vatileaks"-Affäre weitet sich aus: Zwei Anklagen wegen Verrat im Vatikan

Die Enthüllungsaffäre "Vatileaks" zieht immer weitere Kreise. Bisher hatte der Kirchenstaat erklärt, dass nur gegen eine Person ermittelt werde. Nun aber stehen zwei Beschuldigte vor Gericht.

Der Vatikan hat am Montag bekannt gegeben, dass sich Paolo Gabriele, der suspendierte Butler des Papstes, vor Gericht verantworten muss. Der vatikanische Untersuchungsrichter habe nach knapp dreimonatigen Ermittlungen den Strafprozess eingeleitet. Wegen des „schweren Diebstahls“ päpstlicher Geheimdokumente drohen dem 46-jährigen Familienvater bis zu sechs Jahre Haft.

Hatte der Vatikan bis Montag eisern beteuert, Gabriele sei allein verantwortlich für die „Vatileaks“, also die Weitergabe interner Dokumente an italienische Medien, so sitzt plötzlich ein Zweiter auf der Anklagebank: Er heißt Claudio Sciarpelletti. Als Computertechniker war er im vatikanischen Staatssekretariat tätig – bis man im Mai auch in seinem Schreibtisch ein Kuvert mit Dokumenten fand.

Sciarpelletti muss sich nun wegen Begünstigung verantworten. Da sich der 48-Jährige bei den Verhören aber in Widersprüche über Ursprung und Zweck des Kuverts verwickelte und da der Umschlag auf der Rückseite den offiziellen Stempel „Staatssekretariat – Informations- und Dokumentationsabteilung“ trug, sind Spekulationen über die Verwicklung weiterer Personen und Büros zulässig.

Zudem legt die vatikanische Staatsanwaltschaft Wert auf die Feststellung, sie habe lediglich die Ermittlungen gegen Gabriele und Sciarpelletti abgeschlossen; in dem „großen, schwierigen Gesamtkomplex“ ermittle sie aber weiter. Mit noch mehr Erkenntnissen ist auch deswegen zu rechnen, weil der Papst zusätzlich drei honorige Alt-Kardinäle mit Ermittlungen beauftragt hat. Ihr Bericht ist fertig; der Vatikan verschweigt die Ergebnisse aber „aus Respekt vor der ordentlichen Justiz“.

Video: Ex-Kammerdiener des Papstes vor Gericht

Der vatikanische Untersuchungsrichter zitiert in seinem Beschluss die psychologischen Gutachter, denen zufolge Benedikts Butler von „einfacher Intelligenz“ sei und „ein tiefes Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Anerkennung vonseiten anderer“ habe. Zeugen aus dem Papstpalast erklären einstimmig, Gabriele sei sehr gläubig, bete oft und habe jeden Morgen die Messe Benedikts XVI. besucht. Georg Gänswein, Privatsekretär des Papstes, fügt in einer Zeugenaussage hinzu, Gabriele sei „nur für sehr einfache Büroaufgaben“ zu gebrauchen gewesen. Beständig habe man ihn „anleiten und führen“ müssen.

Verschlechtert hat sich Gabrieles Lage dadurch, dass die Gendarmen in seiner vatikanischen Wohnung nicht nur entwendete Dokumente fanden, sondern neben einem Buch aus dem 16. Jahrhundert auch einen Scheck über 100 000 Euro sowie einen Klumpen „mutmaßlich aus Gold“, die beide als Geschenk aus Südamerika an den Papst gehen sollten. Gabriele verteidigte sich, er habe den Auftrag gehabt, diese Spenden an die zuständigen Vatikanabteilungen weiterzuleiten; im „üblichen Chaos“ seiner Wohnung habe er die Dinge wohl vergessen.

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