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Hugo Chavez ist seit 14 Jahren Präsident in Venezuela. Wird er wiedergewählt?

© dapd

Venezuela wählt Präsidenten: Schicksalswahl für Hugo Chávez

Schicksalswahl im Erdölstaat: Kann sich Amtsinhaber Hugo Chávez eine weitere Amtszeit sichern? Oder gewinnt der Kandidat des bürgerlichen Lagers, der smarte Henrique Capriles?

14 Jahre lang galt er als unschlagbar, am Sonntag musste sich Venezuelas Präsident Hugo Chávez einer Schicksalswahl stellen. Während der Amtsinhaber in den vergangenen Wochen in der Wählergunst stagnierte, verzeichneten die Umfragen einen steten Zuwachs für seinen jugendlich wirkenden Herausforderer Henrique Capriles Radonski. In letzten Umfragen lag der Kandidat der bürgerlichen Opposition fast gleichauf mit Chávez. Ergebnisse wird es erst am heutigen Montag geben.

Chávez hatte noch vor kurzem verkündet, es sei unmöglich, dass die Oligarchie – gemeint waren Capriles und seine Anhängerschaft – gewinne. Wenn das aber der Fall wäre, käme es zu einem Bürgerkrieg. Doch dann strömten Hunderttausende zur Abschlusskundgebung von Capriles und feierten den 40-jährigen Anwalt wie einen Messias. „Ich habe früher immer Chávez gewählt, aber nun habe ich die Nase voll“, sagt der Autolackierer José Luis Caicedo, der in einem Armenviertel am Rande der Hauptstadt wohnt. „Die Sozialprogramme funktionieren nicht, Straßen, Krankenhäuser, alles vergammelt, und die Regierung wirft nur mit Beleidigungen um sich, statt etwas zu tun“, ergänzt der 42-Jährige.

Der Glanz der Revolution ist verblasst nach Jahren der Misswirtschaft und Korruption. Wegen seiner Krebserkrankung war Chávez zudem zu einem virtuellen Wahlkampf per TV gezwungen. Aufgedunsen, mit steifem Bein, rhetorisch schwankend zwischen grobschlächtigen Beleidigungen seines Gegners, kommunistischer Propaganda und sentimentalen Kindheitsbetrachtungen, fand der 58-Jährige nicht mehr zur gewohnten Form zurück, während der vitale Capriles unermüdlich von Ort zu Ort reiste, Interviews gab, Hausbesuche absolvierte, Meetings abhielt und Aufbruchstimmung verbreitete. „Es gibt einen Weg“, lautet sein Motto. Die Sozialpolitik will der Mitte-Links-Politiker beibehalten, doch ohne ideologische Verpackung und politischen Klientelismus. Vor allem verspricht er Effizienz, Transparenz und Pragmatismus beim Lösen von Problemen wie der galoppierenden Kriminalität, dem Arbeitsplatz- und Wohnungsmangel.

Doch nicht alle glauben den Versprechungen. „Wenn die Opposition gewinnt, ist hier Schluss mit allen Sozialprogrammen, und wir Chavistas werden umgebracht“, sagt der Lokalchef der Sozialistischen Einheitspartei PSUV, Joel Capriles. In seinem dicht besiedelten Armenviertel in Catia im Westen von Caracas hat er alle Wahlplakate von Capriles persönlich entfernt. An der Zufahrt thront ein überlebensgroßer, aufblasbarer Chávez über einem Chaos ärmlicher Backsteinbauten.

339.000 Wohnungen baute Chávez in 13 Jahren – weniger als seine Vorgänger, die ebenfalls unter Bedarf bauten. Im Vorjahr legte die Regierung kräftig nach: Vor allem in der Hauptstadt wurden eilig Wohntürme aus der Erde gestampft. Nicht immer waren sie Tropenstürmen gewachsen, manche hatten zu wenig Trinkwasser oder keine Parkplätze. Korruption und Improvisation haben im Erdölstaat Tradition. Und am Sonntag ging es auch weniger um die Wirklichkeit – es ging um Emotionen.

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