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Politik: Verbieten verboten

Die Parteien wollen die NPD in die Schranken weisen – einen neuen Antrag in Karlsruhe wollen sie nicht

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Berlin - In der Politik will keiner so richtig ran an ein neues NPD-Verbotsverfahren – trotz der indirekten Anregung mehrerer Karlsruher Verfassungsrichter. Nicht nur die CDU-Ministerpräsidenten Sachsens und Thüringens, Georg Milbradt und Dieter Althaus, sprachen sich am Montag dafür aus, zunächst der politischen Auseinandersetzung Vorrang zu geben. Jeder verpatzte Versuch stärke die NPD, warnte Milbradt. Althaus zweifelt, ob es „neue Sachverhalte“ für einen weiteren Verbotsantrag tatsächlich gibt.

In der rot-grünen Koalition will sich offenbar ebenfalls niemand die Finger verbrennen. Rainer Lingenthal, Sprecher von Innenminister Otto Schily, sagte, die Bundesregierung prüfe zwar ständig, ob ein weiterer Verbotsantrag erfolgversprechend sein könnte. Zudem habe sich „die Beweislage gegen die NPD nicht verändert“. Da der damalige Verbotsantrag vor dem Bundesverfassungsgericht aber bereits an einem Minderheitsvotum im Zweiten Senat gescheitert ist, sei trotz der positiven Äußerungen dreier Verfassungsrichter zu einem neuen Verfahren „Skepsis angebracht“. Es wäre ein „Desaster“, wenn ein erneuter Antrag scheitern würde. Ähnlich ist die Haltung der Fachpolitiker von Grünen und FDP. Und aus Kiel ruft SPD-Ministerpräsidentin Heide Simonis: „Wir dürfen nicht riskieren, dass die NPD ein weiteres Mal triumphiert.“

Auch die PDS fühlt sich inzwischen in der Gruppe der Bedenkenträger gut aufgehoben – obwohl es deren sächsischer Fraktionschef Peter Porsch war, der die Debatte um einen neuen Verbotsantrag nach dem NPD-Eklat im sächsischen Landtag überhaupt in Gang gesetzt hatte. Parteichef Lothar Bisky gab jetzt eine „Differenz“ zu Porsch unumwunden zu. Er sei „zurückhaltend“, was den Versuch eines neuen Verbotsantrags angehe, sagte Bisky, und verwies auf die „Erfahrungen mit 40 Jahren Verboten“ in der DDR. Die Bundestagsabgeordnete Petra Pau erinnerte daran, dass das Verbotsverfahren 2003 an V-Leuten in der NPD, „gekauften Informanten“ des Verfassungsschutzes, gescheitert sei. Solange dieses „Verfahrenshindernis“ nicht beseitigt werde, wäre ein neuer Verbotsversuch nur „kostenlose NPD-Werbung“, sagte sie.

So wissen die Parteien offenbar, was sie nicht wollen. Die Antwort, wie die NPD in die Schranken gewiesen werden kann, haben sie nicht. Von mehr Zivilcourage war auch am Montag die Rede. Die PDS brachte eine antifaschistische Klausel im Grundgesetz als neue Idee ins Gespräch – mit dem Vorschlag war sie bereits abgeblitzt, als sie noch in Fraktionsstärke im Bundestag saß. Bisky sagte, die Politik, auch die PDS, hätte es nicht geschafft, „den braunen Sumpf trockenzulegen“. Er mache sich Hoffnung, dass jetzt alle Parteien an einem Strang ziehen. Äußerungen des neuen CDU-Generalsekretärs Volker Kauder stimmten ihn optimistisch. Andere in der Union bleiben misstrauisch. „Wenn ich beobachte, dass die PDS zur Selbstdarstellung den politischen Gegner braucht, macht mich das skeptisch“, meint Sachsen-Anhalts Regierungschef Wolfgang Böhmer.

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