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Rezept gegen Konkurrenz: Gesundheitsminister Gröhe will den Versandhandel mit rezeptpflichtiger Arznei verbieten.

© picture alliance / dpa

Verbot des Arzneiversandhandels: Das falsche Mittel

Mit einem Verbot des Arzneiversandhandels will Gesundheitsminister Gröhe das deutsche Apothekensystem schützen. Das ist weder zeitgemäß noch hilft es den Patienten. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Rainer Woratschka

Als der Gesundheitsminister nach ausgiebiger Bearbeitung durch die Apothekerlobby mit seiner Verbotsidee daherkam, mochte man noch an unreflektierten Übereifer glauben. Zu abwegig schien es, dass ein führender CDU-Politiker einer privilegierten Berufsgruppe die Pfründe sichern, Preiswettbewerb abwürgen und dem freien EU-Warenverkehr den Kampf ansagen würde.

Doch Hermann Gröhe ist es ernst damit. Er hat nun einen Gesetzentwurf vorgelegt, der das Verbot jeglichen Versandhandels mit rezeptpflichtiger Arznei vorsieht. Die Begleitmusik dazu werden die Profiteure diese Woche mit einer millionenschweren Kampagne anstimmen.

Selbst Verbraucherschützer gehen auf Distanz

Dabei zeigt schon die seltsame Allianz im Bundestag, wie abstrus Gröhes Heile-Welt-Vorhaben ist. Die Einzigen, die dabei mittun wollen, sind die Linken. Selbst Verbraucherschützer gehen auf Distanz.

Klar, die Arzneiversorgung im Land muss gesichert bleiben, auch außerhalb der Ballungszentren. DocMorris & Co. dürfen den Vor-Ort-Apotheken nicht mit Rosinenpickerei den Garaus machen. Doch dazu braucht es kein Verbot, sondern faire Wettbewerbsbedingungen.

Wie wäre es beispielsweise mit einer systemfinanzierten Honorierung von Beratungsleistungen und Notdiensten? Oder einem Sicherstellungszuschlag für ländliche Regionen, wie ihn ja auch Krankenhäuser erhalten?

Versandapotheken können auch Versorgungsengpässe verhindern

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs ist nicht nur Bedrohung, sondern auch eine Chance. Versandapotheken sind womöglich ja nicht nur Auslöser für Versorgungsengpässe, sie können sie auch verhindern helfen. Nicht überall ist die nächste Apotheke für alte Menschen in Laufnähe.

Und vielen chronisch Kranken mit Dauermedikation sind günstige Medikamentenpreise weit wichtiger als vom Apotheker ihres Vertrauens jedesmal wieder die selben Ratschläge zu erhalten.

In Zeiten der Globalisierung kann man die Menschen nicht mehr in Tante-Emma-Apotheken zwingen. Gut, dass die SPD dabei nicht mitmacht. Und ein bisschen verkehrte Welt.

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