zum Hauptinhalt

Politik: Verbrechen in Darfur kommen vor Strafgericht

Schwere Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der sudanesischen Region Darfur werden künftig durch den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag verfolgt. Nach wochenlangen diplomatischen Ringen gaben die USA ihren Widerstand gegen die UN-Resolution auf.

New York (01.04.2005, 14:49 Uhr) - Washington habe zwar weiterhin «grundsätzliche Bedenken» gegen den Internationalen Gerichtshof, erklärte die amtierende US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Anne Patterson. Jedoch wollten auch die USA, dass die schweren Verbrechen in Darfur verfolgt würden. «Es ist wichtig, dass die internationale Gemeinschaft mit einer Stimme spricht, damit effektive Verantwortlichkeit erreicht wird.»

US-Diplomaten erklärten weiter, sie hätten bei der Formulierung des Textes der Resolution «wesentliche Zugeständnisse» Frankreichs, Großbritanniens sowie der anderen Staaten im Sicherheitsrat durchgesetzt, die den Internationalen Strafgerichtshof unterstützen. Dennoch wurde der Verzicht der USA auf ein Veto in UN-Kreisen weithin als «beachtliches Einlenken» gewertet.

Vor allem Frankreich hatte beharrlich auf einer Anerkennung des Strafgerichtshofs in Den Haag als einziger internationaler Instanz für die Verfolgung von Kriegs- und Menschenrechtsverbrechen bestanden. Am Ende halfen Washington nach Einschätzung von Diplomaten zusätzliche Kompromissformulierungen seines Irak-Kriegspartners Großbritannien, das Gesicht zu wahren. In die Resolution wurden mehrere Bestimmungen aufgenommen, durch die jedwede Verfolgung von US-Bürgern durch das Den Haager Tribunal ausgeschlossen wird.

Ungeachtet der Tatsache, dass bereits 139 Staaten der Welt das Gericht als Instanz zur Verfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit anerkennen, wird das Tribunal von der Bush-Regierung zurückgewiesen. Sie zog die Unterzeichnung des Gründungsvertrages für das Gericht durch die Vorgänger-Regierung unter Bill Clinton zurück und drängte mittlerweile Dutzende Staaten zu bilateralen Verträgen, wonach US-Bürger selbst dann nicht an das Gericht in Den Haag überstellt werden dürfen, wenn sie schwerster Verbrechen gegen die Menschlichkeit verdächtigt werden.

Neben den USA enthielt sich die Vetomacht China der Stimme, die den Internationalen Gerichtshof ebenfalls, jedoch weniger energisch als Washington ablehnt. Auch die zeitweiligen Ratsmitglieder Algerien und Brasilien enthielten sich der Stimme, während die anderen elf Ratsmitglieder, unter ihnen Russland, dafür stimmten.

Washington hatte bisher stets gedroht, mit seinem Veto alle Beschlüsse der UN zu verhindern, die als Anerkennung des Internationalen Strafgerichtshofes gedeutet werden könnten. Andererseits haben die USA Verbrechen der Reiter-Milizen in Darfur, die von der sudanesischen Regierung ausgehalten werden, ausdrücklich als «Völkermord» gebrandmarkt.

Nach UN-Schätzungen sind in Darfur bereits zwischen 180 000 und 300 000 Menschen getötet worden oder als direkte Folge des bewaffneten Konfliktes ums Lebens gekommen. Mehr als zwei Millionen Menschen müssen in Flüchtlingslagern versorgt werden. (tso)

Zur Startseite