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Verfassungsänderung: Santos wird Angolas ewiger Präsident

Angolas Parlament schafft die Wahl des Staatsoberhaupts ab und sichert Jose Eduardo dos Santos damit die Macht - auf Lebenszeit.

Schlimmer hätte es für Angola kaum kommen können. Ausgerechnet der Afrika-Cup, der dem Ölstaat als Aushängeschild für seine wirtschaftlichen Fortschritte dienen sollte, hat sich für Angola als kapitales Eigentor erwiesen: Der Anschlag auf das togolesische Team warf gleich zu Beginn des Fußballfests einen Schatten auf das vermeintlich stabile Wirtschaftswunderland im Südwesten Afrikas. Zuvor hatte Angola mehr als eine Milliarde Euro in seine verfallene Infrastruktur gepumpt, um dem Sportereignis einen würdigen Rahmen zu verleihen.

Weniger Aufsehen erregte ein anderes, für das Land aber wohl wichtigeres Ereignis: Das Parlament billigte eine neue Verfassung, die dem Langzeitpräsidenten Jose Eduardo dos Santos geradezu „ewige Präsidentschaft“ gewährt. Bislang mussten Präsident und Parlament getrennt voneinander gewählt werden. Unter der nun überstürzt verabschiedeten Verfassung wird der Präsident automatisch von der stärksten Partei ernannt – und braucht gar nicht mehr anzutreten. „Die Regierungspartei MPLA will uns weismachen, dass die Verfassung die Demokratie stärkt. Stattdessen wird durch die Schaffung eines noch viel mächtigeren Präsidenten genau das Gegenteil erreicht“, klagt der politische Analyst Fernando Macedo.

Dabei hätte sich der seit mehr als 30 Jahren herrschende Staatschef Santos gar keine Sorgen um seine Wiederwahl machen müssen. Seine MPLA regiert mit einer überwältigenden Mehrheit von 82 Prozent, und das seit der Unabhängigkeit im Jahr 1975. Seit der Ermordung von Rebellenführer Jonas Savimbi im Jahre 2002 und dem Zerfall von dessen lang von den USA unterstützter Unita gibt es praktisch keine Opposition mehr. Entsprechend autoritär und selbstherrlich regiert die kleine Führungsclique um Santos in Luanda. Dass dieser trotzdem nicht antreten wollte, liegt nach Angaben von Beobachtern allein an der Sorge des Staatschefs, bei einer Wahl womöglich weniger Stimmen als die MPLA zu erhalten.

Für Angola ist die Abschaffung der Präsidentschaftswahl ein weiterer herber Rückschlag auf dem Weg zu einer offeneren Gesellschaft. Erst vor acht Jahren ging in der früheren portugiesischen Kolonie ein langer und blutiger Bürgerkrieg zu Ende, der dort seit der Unabhängigkeit 1975 fast ohne Unterbrechung getobt hatte. In den vergangenen sechs Jahren ist Angola nach gewaltigen Ölfunden vor der Küste und fast durchweg zweistelligen Wachstumsraten zu einem der wenigen Boomländer in Afrika geworden – und hinter Südafrika und Nigeria inzwischen zur drittgrößten Volkswirtschaft südlich der Sahara aufgestiegen. Schon dieses Jahr soll die Wirtschaft wieder um 6,5 Prozent wachsen.

Kein Wunder, dass die Bluttat in der Öl-Enklave Cabinda von den dort aktiven Separatisten mit der jahrelangen Vernachlässigung der Region durch die Machthaber in Luanda begründet wurde. Nur ein winziger Teil der Öleinkünfte, die sich 2007 auf angeblich 44 Milliarden Dollar summierten, verbleibt in der Region. Das Pro-Kopf-Einkommen der 16 Millionen Angolaner liegt nach Angaben der Weltbank trotz des Ölreichtums heute niedriger als 1960, weil die Regierung sich nur auf Öleinnahmen verlässt. Von 35 Millionen Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche werden nur fünf Prozent bebaut.

Die seit der Unabhängigkeit alleine regierende MPLA hat trotz der formellen Einführung des Mehrparteiensystems 1991 an ihrem autoritären Gebaren wenig geändert. „Wer sich gegen die Geschäftsmafia um das Regime und den Präsidenten zur Wehr setzt, braucht nicht mit fairer Behandlung zu rechnen“, konstatiert der Afrikaexperte Peter Fabricius. Seit Jahren kontrollieren der Präsident und eine Gruppe von Generälen die einträglichsten Wirtschaftszweige – von der staatlichen Erdölgesellschaft Sonangol, die erst jüngst einen Anteil an einem irakischen Ölfeld erworben hat, über die Diamantenminen bis hin zu Transportgesellschaften und Bäckereien. Unabhängige Gerichte gibt es nicht. Außer in der Hauptstadt Luanda bekennt sich kaum jemand offen zur uneinigen Opposition.

Misswirtschaft und Geheimniskrämerei haben eine lange Geschichte: Schon in den 1990er Jahren erhielten Angolas Machthaber ausländische Kredite fast ausschließlich gegen das Verpfänden künftiger Öllieferungen. Zwischen 1995 und 2004 nahm der Staat auf diese Weise mehr als acht Milliarden Dollar auf. Gleichzeitig gab diese Praxis dem Regime viel Spielraum zur Selbstbereicherung, da die Mittel leicht an der Staatskasse vorbeigeschleust werden konnten. Menschenrechtsgruppen verlangen seit Jahren Aufklärung darüber, wo die Öl-Milliarden verschwunden sind.

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