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Verfassungskrise: Prodi will Europa der zwei Geschwindigkeiten

Im Fall des ins Stocken gekommenen Verfassungsprozesses der EU hat Italiens Premier Prodi ein "Europa der Avantgarde" ins Gespräch gebracht. Eine kleinere Gruppe von Ländern könne demnach einen Verfassungs-Kompromiss ratifizieren.

Straßburg - Als letzten Ausweg aus der europäischen Verfassungskrise hat der italienische Ministerpräsident Romano Prodi ein "Kerneuropa" als Reform-"Avantgarde" vorgeschlagen. "Wenn eine Einigung mit 27 Ländern zu schwierig wird, dann könnte eine kleinere Gruppe gemeinsam auf dem Weg zu einer engeren Union voranschreiten", sagte Prodi vor dem Europaparlament in Straßburg.

Voraussetzung dabei sei, "den anderen die Tür offen zu lassen, die sich dem Reformprozess der Institutionen später anschließen wollen". Beim EU-Gipfel am 21. und 22. Juni will die deutsche Ratspräsidentschaft einen Vorschlag zur Lösung der EU-Verfassungskrise vorlegen - mit dem Ziel, zu den Europawahlen 2009 die Reform der Institutionen abzuschließen. Er hoffe auf eine Einigung der 27 Länder, um den Weg der zwei oder mehreren Geschwindigkeiten nicht gehen zu müssen, sagte der deutsche Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering.

Kompromiss "nicht um jeden Preis"

Einig war sich der italienische Regierungschef mit der Mehrheit der Parlamentarier, wesentliche Elemente des Verfassungsvertrages zu erhalten, der bei Referenden 2005 in den Niederlanden und in Frankreich gescheitert ist. "Wir wollen einen Kompromiss, aber nicht um jeden Preis", sagte Prodi. Über unverzichtbare Elemente eines vereinfachten Vertrages bestand eine weitgehende Einigkeit zwischen Prodi und den Parlamentariern. Dazu gehören die Grundrechtscharta, die Ausweitung der Mehrheitsentscheidungen im EU-Ministerrat, die Direktwahl des EU-Kommissionspräsidenten durch das Europaparlament und die Bestimmung eines EU-Außenministers.

An diesem Mittwoch wird die Verfassungsdebatte mit dem niederländischen Premierminister Jan Peter Balkenende fortgesetzt. Die Parlamentarier verlangen allerdings, auch in einem vereinfachten Vertrag den Kampf gegen den Klimawandel, die Migrationspolitik, die Terrorismusbekämpfung und die Verbesserung des europäischen Sozialmodells aufzunehmen. (tso/dpa)

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