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Massenvernichtungswaffen. Eine Besucherin im Kriegsgedenkmuseum von Seoul betrachtet ausgemusterte Atomraketen.

© AFP

Verhandlungen über ein Atomwaffenverbot: Im Kern nicht durchsetzbar

Mehr als 100 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen beraten in New York über ein Atomwaffenverbot. Doch fast alle Nato-Länder fehlen - und Russland. Was soll das Ganze dann?

Sie sind die schlimmsten Waffen, die Menschen jemals erfunden haben. Sie können Millionen Männer, Frauen und Kinder innerhalb von Sekunden töten. Ein Schlagabtausch mit ihnen könnte das gesamte Leben auf der Erde auslöschen: Atomwaffen. Trotz ihrer kaum vorstellbaren apokalyptischen Wirkung besteht kein universell gültiges Verbot für die Massenvernichtungswaffen. Mehr als 100 Mitgliedsländer der Vereinten Nationen wollen das jedoch ändern. Seit Montag machen sich deren Vertreter in New York daran, einen Vertrag zum Verbot von Nuklearwaffen zu verabschieden. Die Atomwaffenstaaten wie die USA und Russland aber sperren sich vehement gegen den Pakt. Sie bleiben der Konferenz fern.

Die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Nuklearwaffen spricht dennoch von „historischen“ Verhandlungen. Und Österreichs Außenminister Sebastian Kurz erinnert die Politiker an ihre Verantwortung: „Wir sind es künftigen Generationen schuldig, diese Gefahr für uns alle zusammen zu verbannen.“ Österreich trieb ein Verbot der Bombe voran. Die Österreicher führten im Verbund mit Brasilien, Irland, Mexiko, Nigeria und Südafrika vor allem humanitäre Argumente ins Feld: So leiden noch heute Überlebende an den Folgen der amerikanischen Atombombenabwürfe 1945 über Japan.

Die Atomgegner brachten einen Resolutionsentwurf in die UN-Vollversammlung ein, dessen Annahme die Verhandlungen ermöglichte. Nach der ersten Runde bis Ende März ist eine zweite Runde Mitte Juni geplant. Am Ende soll ein Pakt stehen, der Entwicklung, Produktion, Lagerung, Tests, Weitergabe und Einsatz von Nuklearwaffen verbietet. Letztlich sollen die Bestände vernichtet werden.

Kann die Veranstaltung trotzdem nützlich sein?

Welche praktischen Konsequenzen kann der Pakt ohne Beteiligung der Nuklearwaffen-Staaten haben? Die Atomwaffengegner hoffen, dass die Ächtung durch die Mehrheit der UN-Mitgliedsstaaten langsam aber sicher die Nuklearmächte zum Nachgeben zwingt – und sie einer kompletten Abrüstung aller rund 15.000 Atomsprengköpfe zustimmen. Die Arsenale der Amerikaner und der Russen umfassen knapp 14.000 Sprengköpfe. Frankreich, China, Großbritannien, Pakistan, Indien, Israel und Nordkorea verfügen über mehr als 1000 Sprengköpfe.

Zumal von den USA und Russland ist aber kein Einlenken zu erwarten. US-Präsident Donald Trump machte klar: Zwar wäre es ein „Traum“, wenn niemand die Bombe hätte. Aber solange Länder über die Waffen verfügten, würden die USA an der „Spitze der Meute stehen“. Laut der Arms Control Association in Washington dürften Erhalt und Modernisierung der US-Atomwaffen in den nächsten 30 Jahren rund 1000 Milliarden US-Dollar kosten.

Auch dulden die USA innerhalb des westlichen Militärbündnisses Nato keine Abweichler. In einem Schreiben der US-Regierung an die anderen 27 NatoPartner, darunter Deutschland, heißt es unmissverständlich: Ein Atomwaffenverbot würde die nukleare Abschreckung der USA für ihre Partner ernsthaft gefährden, ja zunichtemachen. Falls die Konferenz über einen Bann beginne, „fordern wir Alliierte und Partner auf, sich nicht an den Verhandlungen zu beteiligen“. Der Brief wurde nicht erst von der Trump-Administration abgeschickt, sondern im Oktober 2016 von der Obama-Administration.

Die Anweisung aus Washington zeigt Wirkung: Fast kein Nato-Mitglied nimmt an der Konferenz teil. Auch Deutschland schickte keine Verhandlungsdelegation. Das Auswärtige Amt begründet das so: Ein mögliches Verbot, das die Nuklearwaffenstaaten nicht einbindet, „wird wirkungslos sein“.

Jan Dirk Herbermann

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