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Politik: Verhandlungen über weitere Mindestlöhne

Gewerkschaften warnen vor staatlichen Eingriffen

Berlin - Bundespräsident Horst Köhler hat den Postmindestlohn, der 2008 in Kraft tritt, kritisiert. Er verwies in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ auf die Risiken von Mindestlöhnen, da sie nicht von allen Arbeitgebern gezahlt werden könnten. Köhler hatte kürzlich die Novelle des Entsendegesetzes unterschrieben und damit den Weg für einen Mindestlohn für Briefträger frei gemacht.

Schon im Januar wird in weiteren Branchen über Lohnuntergrenzen verhandelt. Der Arbeitgeberverband der Wach- und Sicherheitsunternehmen geht davon aus, dass seine Branche 2008 einen Mindestlohn bekommt. Dazu werden mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi am 16. Januar Gespräche aufgenommen. Bis Ende März soll dann ein Antrag auf Aufnahme in das Entsendegesetz gestellt werden. Bei derzeit etwa in Thüringen üblichen Stundenlöhnen von 4,50 Euro brutto werde es für viele Mitarbeiter mehr Geld geben, so der Bundesverband der Wach- und Sicherheitsunternehmen. Die vom Gewerkschaftsbund DGB geforderten 7,50 Euro seien für viele Firmen aber unbezahlbar. Die Tarifkommission der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten empfiehlt unterdessen für die Tarifrunde 2008, im Osten Deutschlands sechs Prozent mehr Gehalt und mindestens 7,50 Euro Stundenlohn zu fordern.

Ebenfalls für Januar 2008 kündigte der Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE) Verhandlungen in der Branche an. Am 10. Januar soll dabei mit Verdi auch über eine Gehaltsuntergrenze gesprochen werden. Bis zu 7,50 Euro Stundenlohn seien möglich, sagte BDE-Sprecher Karsten Hintzmann.

Auch der Präsident des Bundesverbandes Zeitarbeit forderte einen Mindestlohn für Zeitarbeiter, der den Forderungen der Gewerkschaften nahekommt: 7,15 Euro pro Stunde sieht schon jetzt der Tarifvertrag mit dem DGB vor. Auf Wunsch der Tarifparteien soll die Bundesregierung diesen Lohn auf Grundlage des Entsendegesetzes zum branchenweiten Standard erheben. Der Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) kritisierte den Mindestlohnvorschlag seines Schwesterverbandes scharf: Der AMP hatte mit dem Christlichen Gewerkschaftsbund einen eigenen Tarifvertrag mit teilweise niedrigeren Löhnen abgeschlossen.

Widerstand gegen einen branchenübergreifenden Mindestlohn kommt von Gewerkschaften: Der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie sind branchenspezifische Mindestlöhne lieber als ein gesetzlich festgelegtes Entgelt. Auch die Bahngewerkschaft Transnet favorisiert Lohnuntergrenzen, die bei Tarifrunden in den Branchen ausgehandelt werden, sagte ein Sprecher am Freitag. Ein staatlicher Mindestlohn könne die Tarifautonomie gefährden. Dieses Recht ermöglicht Gewerkschaften und Unternehmen, Löhne frei von staatlichen Eingriffen zu vereinbaren. Hannes Heine

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