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Politik: Verheerende Fehler

Die Untersuchung des israelischen Angriffs auf Kana offenbart gravierende Irrtümer des Militärs

Nach dem Angriff der israelischen Luftwaffe auf ein von Zivilisten bewohntes Haus im südlibanesischen Kana, bei dem nach libanesischen Angaben 52 Menschen ums Leben kamen, sind neue Einzelheiten über militärische Fehleinschätzungen der Israelis bekannt geworden. Zwar liegt das endgültige Ergebnis der internen Untersuchung der Luftwaffe noch nicht vor. Doch wesentliche Tatsachen sind bereits geklärt.

Israel hatte zunächst die Verantwortung für das durch einen „bedauerlichen Irrtum“ ausgelöste Blutbad übernommen, später aber Zweifel angemeldet. Sie rührten daher, dass Luftaufnahmen belegt hätten, dass das Gebäude noch Stunden nach der Bombardierung gestanden habe. So wurde die Möglichkeit ins Gespräch gebracht, dass erst die Explosion von Raketen und Munition, die die Hisbollah im Gebäude eingelagert hätten, das Haus zum Einsturz gebracht haben könnte. Das wurde nun verneint. Es gab keine Hisbollah-Waffen in dem Gebäude.

Auch die Behauptung der Luftwaffe, es sei nur jeweils eine Bombe auf die Gebäude abgeworfen worden, stimmt wohl nicht. Das zusammengestürzte Haus wurde von zwei Bomben im Abstand von einigen Minuten getroffen – so wie es Überlebende geschildert hatten. Sie hatten ausgesagt, dass die zweite Bombe rund zehn Minuten nach der ersten fiel und das Gebäude unmittelbar danach zusammenstürzen ließ. Diese zweite Bombe verursachte also das Blutbad. Hilfe traf nach Augenzeugenberichten erst sieben Stunden später ein. Diese zweite Bombe ist aber offensichtlich erst später explodiert. Unklar ist, ob es sich dabei um eine Zeitzünderbombe handelte oder ob ein technischer Defekt vorlag. Auch könnte einer der Hausbewohner den scheinbaren Blindgänger berührt und die Explosion ausgelöst haben.

Inzwischen hat die Armee auch zugegeben, dass die Behauptung, man habe am Wochenende die Bevölkerung von Kana mit Flugblättern gewarnt und zur Flucht aufgefordert, nicht exakt war. Die Warnungen seien bereits einige Tage früher erfolgt – und waren somit nicht aktuell.

Klar ist im Übrigen, dass aus oder von dem Gebäude keine Raketen gegen Israel abgeschossen worden sind, wie dies israelische Militärkreise zunächst behauptet hatten. Die Luftwaffe gestand ein, in der Regel mehrere Gebäude in der relativen Nähe von vermuteten Abschussorten der Raketen zu bombardieren. In Kana wurden zur Zeit, als die erste Hilfe beim eingestürzten Haus eintraf, in 460 Meter Entfernung aus dem gleichen Grund drei Gebäude bombardiert.

Die Armee hat auch zugegeben, man habe nicht nur nicht gewusst, dass in dem bombardierten Gebäude unschuldige Zivilisten Zuflucht gesucht hätten. Vielmehr sei man im Allgemeinen nicht imstande festzustellen, ob in scheinbar verlassenen Häusern nicht doch Zivilisten in Bunkern Schutz suchten. Offenbar funktioniert also der militärische Nachrichtendienst nicht. Auf dessen Versagen ist auch die Bombardierung des Unifil-Postens in Al Khiam zurückzuführen, bei dem vier Blauhelme getötet wurden.

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