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Politik: Verhinderter Protest

Pakistans Ex-Premier Bhutto will gegen Musharraf demonstrieren und bekommt vorübergehend Hausarrest

Berlin - Am Freitag sah es so aus, als mache Pervez Musharraf Ernst: Da Benazir Bhutto an ihrem Plan festhielt, in der Garnisonsstadt Rawalpindi gegen den Ausnahmezustand zu demonstrieren, stellte Pakistans Machthaber die Ex-Regierungschefin unter Hausarrest. Offenbar wurden hunderte ihrer Anhänger festgenommen, tausende Polizisten waren im Einsatz und blockierten die Straßen. Erst sagten Diplomaten, die Quasihaft Bhuttos in ihrer Residenz in der Hauptstadt Islamabad sei für 30 Tage verhängt worden. Nach heftiger Kritik aus Europa und besonders den USA wurde der Arrest aber noch am Abend aufgehoben.

Offiziell dreht sich alles um die Sicherheit der Chefin der Pakistanischen Volkspartei (PPP). Man habe Informationen, sagt ein Militär, acht Selbstmordattentäter aus den Stammesgebieten nahe Afghanistans hätten einen Anschlag auf sie geplant. Zwar ist die Sicherheitslage kritisch: Am Freitag tötete nach einem Bericht der pakistanischen Zeitung „News“ in Peshawar ein Selbstmordattentäter vier Menschen vor dem Haus des Regionalchefs der PML-Q. Die Partei stützt Musharraf. Doch Bhuttos Hausarrest wurde wohl eher deshalb verhängt, weil das Regime mit fast allen Mitteln versucht, jede Art von Protest zu verhindern.

Seit Musharraf vor einer Woche den Ausnahmezustand verhängt hat, sind Demonstrationen verboten, Menschenrechtler und Anwälte werden verhaftet. Auch die prominente Aktivistin Asma Jahangir steht unter Hausarrest, sie wurde zusammen mit Kollegen in Pakistans Menschenrechtskommission in Lahore festgenommen. Kritische Privatsender dürfen erst senden, wenn sie sich neuen Richtlinien anschließen. Diese verbieten es unter anderem, „den Präsidenten lächerlich zu machen“. Über Satellit sind die Privaten noch zu empfangen, nach Medienberichten wurde in zwei Städten der Verkauf von Satellitenschüsseln gestoppt. Als CNN und BBC Bhuttos Hausarrest im Programm hatten, wurde offenbar auch bei ihnen der Bildschirm wieder schwarz.

Jedoch wird darüber spekuliert, ob Bhutto und Musharraf, die beide von den USA gestützt werden, noch miteinander verhandeln. So konnte Bhutto am Freitag vor ihrer Villa medienträchtig zu ihren Anhängern sprechen, was laut „New York Times“ sogar das Fernsehen übertrug. Musharraf selbst hatte nach einem Telefonat mit US-Präsident George W. Bush am Donnerstag bis zum 15. Februar die Parlamentswahl angekündigt, die ursprünglich für den 15. Januar angesetzt war. Sobald der von ihm neu besetzte Oberste Gerichtshof seine Wiederwahl als Präsident bestätigt habe, werde er die Uniform ablegen. Ein Datum nannte er nicht, pakistanische Journalisten weisen darauf hin, der Präsident und Armeechef habe schon öfter Ankündigungen nicht eingehalten.

Nach dem Urteil solle der Zeitplan für die Wahl festgelegt werden, sagt der Militär, der auch die Selbstmordattentäter erwähnt hat. Die Frage ist, ob sich Bhutto darauf einlässt – immerhin hatte sie nach einigen Tagen des Stillehaltens am Donnerstag Stellung gegen Musharraf bezogen. Für den 13. November rief sie zu einem Protestmarsch von Lahore nach Islamabad auf, und sie will andere Parteien in der Allianz zur Wiederherstellung der Demokratie hinter sich vereinen. Allerdings war sie selbst noch vor wenigen Monaten in London einem Bündnis der Opposition ferngeblieben.

Jetzt fordert Bhutto von Musharraf, Wahlen am 15. Januar abzuhalten, innerhalb einer Woche als Armeechef zurückzutreten, und allen Richter ihre Ämter zurückzugeben – auch dem obersten Richter Ifthikar Chaudhry, den Musharraf unbedingt loswerden wollte. Letzteres sei absolut unmöglich, sagt der Armeeangehörige. Sollten aber die alten Richter nicht wieder eingesetzt werden, sagt Christian Wagner von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, hätte „das Militär über die Demokratie gesiegt“.

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