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Verhinderter Terroranschlag: Obama rechnet mit Geheimdiensten ab

Geheimdienste waren gewarnt vor Anschlag eines Nigerianers aus Jemen. Dennoch gelangte der Mann mit Sprengstoff in die Delta-Maschine. Für die US-Republikaner sind die Pannen ein gefundenes Fressen. Sie nennen den Präsident Obama "weich im Kampf gegen Terror".

Barack Obama ist sichtbar ungehalten über die Pannenserie, die es dem Nigerianer Umar Faruk Abdulmutallab ermöglichte, mit einer Bombe ein US-Flugzeug zu besteigen. Er sieht, wie die Versäumnisse, die nun ans Licht kommen, seinen Anspruch bedrohen, er sei ein Präsident, der die Sicherheit garantiere.

So trat er am Dienstag ein zweites Mal innerhalb von 24 Stunden vor die Kameras. In Deutschland war es bereits Nacht wegen der elf Stunden Zeitverschiebung zu Hawaii, wo Obama geboren ist und seine Weihnachtsferien verbringt. In den ersten drei Tagen nach dem Anschlag hatte er geschwiegen, wofür ihn die Republikaner kritisierten. Er wollte die Fakten kennen, ehe er redet, sagten Berater. Nun ist sein Ärger unüberhörbar. Er spricht von „menschlichen Fehlern“ und einem „Versagen des Systems“, das „fast 300 Menschen das Leben hätte kosten können. Das halte ich für völlig unakzeptabel.“ Er verlangt „einen schonungslosen Bericht“ über die Abläufe und die Sicherheitslücken bis Donnerstag und sagt, er werde die Betroffenen „auf allen Ebenen zur Verantwortung ziehen“.

Experten kritisieren mangelnde Vernetzung

Inzwischen ist bekannt: Es gab nicht nur die Warnungen des Vaters Abdulmutallab. Der hatte der US-Botschaft in Nigeria im November gesagt, sein Sohn äußere extreme Ansichten und sei im Jemen abgetaucht. US-Geheimdienste hatten Al-Qaida-Mitglieder im Jemen abgehört und erfahren, dass „ein Nigerianer auf einen Anschlag vorbereitet“ werde. „Offenbar wurden Informationen, die wir seit Wochen hatten, nicht effektiv weitergeleitet“, sagt Obama. „Wäre es geschehen, hätten rote Flaggen hoch gehen müssen“ und „der Verdächtige hätte kein Flugzeug besteigen dürfen.“ Hinweise, die sonst zu einer Sonderkontrolle am Flughafen führen, blieben unbeachtet. Abdulmutallab hatte das Ticket bar bezahlt und kein Gepäck aufgegeben.

Fachleute nennen die Warnungen des Vater „zu vage“, um Abdulmutallab auf die „No fly“-Liste der derzeit rund 4000 Personen weltweit zu setzen, die kein Flugzeug in die USA besteigen dürfen. Sein Name landete zunächst in der TIDE-Liste (Terrorist Identities Datamart Environment), die Personen mit verdächtigen Kontakten auflistet, derzeit etwa 550.000.

Wären jedoch die Warnungen der US- Botschaft in Nigeria, die bei der CIA einliefen, mit den abgehörten Informationen aus dem Jemen verbunden worden, hätte der Name Abdulmutallab beim Austausch der Passagierlisten für USA- Flüge zwischen Europa und Amerika Alarm auslösen müssen, sagen Experten.

Republikaner machen Obama für Nachlässigkeit verantwortlich

Die unzureichende Verknüpfung von Informationen, die einzelnen Behörden sowie den 16 Geheimdiensten der USA vorlagen, benannte der 9/11-Untersuchungsbericht als Hauptursache, warum der Angriff auf New York 2001 nicht verhindert wurde. In einem neuen Ministerium für Heimatschutz wurden damals alle Ämter gebündelt, die an der Sicherheit der Grenzen und der Transportwege arbeiten. Die Geheimdienste bekamen einen neuen Koordinator, den Director of National Intelligence (DNI). Er hat nun an Stelle des CIA-Chefs Zugang zum Präsidenten. Das führt zu Rivalitäten.

Die Republikaner werten die Pannen als Beleg, dass Obama „zu weich“ im Kampf gegen Terror sei. Die Strukturen und Verfahren wurden zwar unter Bush geschaffen. Sie sagen jedoch, Obama verbreite mit seiner Charmeoffensive gegenüber Muslimen und dem Plan, Guantanamo zu schließen, eine Atmosphäre, die zu den Nachlässigkeiten führe. CNN meldet unter Berufung auf Regierungskreise, es gebe bereits eine Liste von Zielen im Jemen, die Amerika bombardieren wolle, falls es zu einem Anschlag komme, der im Jemen geplant wurde. Kommentatoren spekulieren, Obama wolle sich damit als harter Terrorbekämpfer zeigen.

Zwei der vier mutmaßlichen Drahtzieher saßen jahrelang in Guantanamo: Said Ali al Shihri, Häftling 372; er gilt als Vizechef der Al Qaida im Jemen. Und Muhammad Attik al Harbi, Häftling 333. Die beiden Saudis wurden 2007 unter Bush an ihr Heimatland übergeben. Dort nahmen sie an einem Rehabilitationsprogramm teil, flohen aber danach in den Jemen. In den USA gelten sie als Beispiele, warum man keine Nachsicht mit Guantanamo-Insassen haben dürfe. Obamas Plan, das Lager zu schließen, trifft auf erhöhten Widerstand. Niemand fragt, ob vielleicht erst das Leiden in Guantanamo die beiden zu Terroristen gemacht habe.

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