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28 Pfeiler der Rader Hochbrücke sind marode. Die teilweise Sperrung der Fahrbahnen führt zu enormen Beeinträchtigungen des Verkehrs.

© dpa

Verkehrchaos in Schleswig-Holstein: Im Norden staut sich was auf

In Schleswig-Holstein ist die Verkehrspolitik zu einem der zentralen Wahlkampfthemen geworden. Zank gibt es um die Rader Hochbrücke auf der A 7 über den Nord-Ostsee-Kanal.

Es ist ein Nadelöhr in Norddeutschland: die Rader Hochbrücke. Bauarbeiten an dem Bauwerk lösen nun täglich ein Verkehrschaos aus. 28 Pfeiler der Brücke waren so marode geworden, dass am 26. Juli ein Nutzungsverbot für alle Fahrzeuge ab 7,5 Tonnen verhängt wurde. Alle übrigen Verkehrsteilnehmer quälen sich seitdem einspurig bei einer Geschwindigkeit von 40 Kilometer pro Stunde über den Abschnitt - und das soll noch bis Anfang November so bleiben.

Auch das Wochenende war durch erhöhtes Urlauberverkehrsaufkommen eine Nerven zehrende Geduldsprobe mit Staus von zum Teil 21 Kilometern in Richtung Norden. Aber nicht nur Ferienreisende fluchen auf der Nord-Süd-Route - für Spediteure ist die Baustelle an der wichtigsten Brücke Schleswig-Holsteins ebenso ein Desaster wie für die Windkraftanlagenhersteller mit ihren Schwertransporten. Sauer sind auch viele Anwohner von Ausweichverbindungen. Das 1,5 Kilometer lange, vor 41 Jahren in Dienst gestellte Bauwerk war nicht für das heutige Verkehrsaufkommen erstellt, offenbar wurde am Material gespart. Das Problem ist inzwischen grenzüberschreitend, weil auch Logistikunternehmen und Windanlagenbauer aus Dänemark über Nacht von der Lkw-Sperrung Ende Juli überrascht wurden. Spediteure verlieren zum Teil über eine Stunde an Fahrtzeit, Handelsunternehmen beklagen immense finanzielle Mehrkosten. Unternehmensverband sowie Industrie- und Handelskammern sehen den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein schwer beschädigt.

Die Polizei kontrolliert rund um die Uhr

Da in den ersten Tagen viele Verkehrsteilnehmer die Einschränkungen ignorierten, kontrolliert die Polizei nun rund um die Uhr. 30 Beamte sind insgesamt dort im Einsatz. Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) macht sich mindestens einmal pro Woche am Ort persönlich ein Bild von den Sanierungsarbeiten. Inzwischen wurde bekannt, dass Statiker bereits vor vier Jahren bauliche Unzulänglichkeiten an der Brücke entdeckt hatten. Warum erst jetzt die Reißleine gezogen wurde und nicht bereits unter Meyers Vorgängern mit CDU-Parteibuch, bleibt eine unbeantwortete Frage.Die Grünen bekommen Oberwasser mit ihrer Forderung, mehr Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern. Aber auch dafür fehlt es an Infrastruktur. Mängel hat die mehr als 100 Jahre alte Rendsburger Hochbrücke oder ein Schienenflaschenhals in Hamburg. Umso wichtiger ist es, Bauvorhaben im Bundesverkehrswegeplan anzumelden und auch finanziell unterfüttert zu bekommen, vom länger und länger werdenden Sanierungsstau ganz zu schweigen.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) will schon länger eine Maut für alle Kfz-Nutzer, konnte sich damit aber in der schwarz-gelben Koalition nie durchsetzen. CSU-Chef Horst Seehofer möchte die bestehende Lkw-Maut um ausländische Pkw-Nutzer erweitern, könnte aber damit europarechtliche Probleme bekommen. Reinhard Meyer, derzeit auch Chef der Verkehrsministerkonferenz, hält nichts von neuen Mautüberlegungen, weil er dafür keine Akzeptanz in der Bevölkerung sieht.

Ursprünglich hatte man der Rader Hochbrücke eine Lebensdauer von 90 Jahren vorausgesagt. Meyer weiß nun, dass es eigentlich sofort eines Neubaus der Kanalquerung auf der Nord-Süd-Achse bedarf, damit frühestens in 15 Jahren solch ein Bauwerk - eventuell ein Tunnel gekoppelt mit der Schiene - Realität wird. Was er jetzt noch nicht weiß, ist, ob ihm das nötige Geld dafür zur Verfügung stehen wird. Und wenn ja, von wann an.

Dieter Hanisch

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