Verkehrsminister prüfen Maut: "Die Bürger müssen sich auf unpopuläre Entscheidungen einstellen"
Bundesweit fehlen jährlich sieben Milliarden Euro, um die Infrastruktur in Stand zu halten. Um zusätzliches Geld aufzubringen, schlägt Bundesverkehrsminister Ramsauer (CSU) eine "Maut für alle" vor. Nicht alle in Berlin sind dagegen.
Verkehrsteilnehmer in Deutschland sollen künftig mehr für den Erhalt der Infrastruktur zahlen, sogar eine Maut für alle Fahrzeuge ist im Gespräch. Zum Abschluss ihrer Herbsttagung verständigten sich die Verkehrsminister der Bundesländer am Freitag in Cottbus darauf, mehrere Optionen für eine nutzerbasierte Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur prüfen zu lassen. Die Bürger müssten sich „auf unpopuläre Entscheidungen“ einstellen, sagte Brandenburgs Verkehrsminister Jörg Vogelsänger (SPD) dem RBB-Inforadio. Nichts könne ausgeschlossen werden. Zuvor hatte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) in Cottbus explizit für eine „Maut für alle“ geworben.
Hintergrund der Debatte sind die bundesweit großen Defizite bei der Finanzierung der Infrastruktur. Am Donnerstag hatte Vogelsänger, der derzeit den Vorsitz der Verkehrsministerkonferenz innehat, die jährliche Deckungslücke in Deutschland mit rund sieben Milliarden Euro beziffert. Eine Kommission rund um Sachsen-Anhalts früheren Verkehrsminister Karl-Heinz Daehre (CDU) soll deshalb im Auftrag der Länder mehrere neue Finanzierungsansätze erarbeiten. Einem ersten Zwischenbericht zufolge spricht sich die Kommission unter anderem für eine Ausweitung der Lkw-Maut, die Einführung einer City-Maut für größere Städte und eine sogenannte Infrastrukturabgabe über die Kfz-Steuer aus. Die Einführung einer City-Maut stieß teilweise auf Ablehnung. Aus dem Berliner Senat etwa hieß es, dafür bestünde kein Anlass. Ramsauer sagte am Freitag, dies sei Ländersache.
Der Bundesverkehrsminister hatte sich in der Vergangenheit jedoch bereits mehrfach für eine Pkw-Maut ausgesprochen. Unklar blieb, ob Ramsauer bei seinen in Cottbus vorgestellten Plänen für eine „Maut für alle Fahrzeuge“ auch untergeordnete Straßen im Blick hat. Im Bundesverkehrsministerium wollte man sich dazu am Freitag nicht näher äußern, verwies jedoch darauf, dass eine Ausweitung der Mautpflicht auf Pkw in dieser Legislaturperiode kein Thema sei.
Beim Koalitionspartner der SPD im Land Brandenburg, der Linken, hält man nichts von einer Ausweitung der Straßennutzungsgebühr. „Das richtet sich wieder gegen die vielen Pendler, die ohnehin schon durch die Mehrwertsteuer beim Sprit ihren Beitrag zum Erhalt der Infrastruktur leisten“, sagte die Verkehrsexpertin der Linken im brandenburgischen Landtag, Kornelia Wehlanit.
Vertreter der Bauwirtschaft in Berlin und Brandenburg begrüßten dagegen die Überlegung. „Die Pkw-Maut auf deutschen Autobahnen ist ein Schritt in die richtige Richtung. Sie darf kein Tabu mehr sein“, sagte zum Beispiel der Geschäftsführer des regionalen Bauindustrieverbandes, Axel Wunschel.