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Politik: Vermittlung statt Protest

Umstrittener kenianischer Präsident lädt Oppositionsführer ein – der hofft auf die Afrikanische Union

Berlin/Nairobi - Der umstrittene kenianische Präsident Mwai Kibaki hat am Montagabend seinen Gegenspieler Raila Odinga zu einem direkten Gespräch eingeladen. Es soll am Freitag stattfinden. Neben Odinga lud Kibaki fünf weitere Mitglieder von Odingas ODM, sowie zehn Kichen- und Moslemführer ein, berichtet die Tageszeitung „Daily Nation“. Die Kirchenführer stehen bis auf den neutralen Chef der anglikanischen Kirche alle auf Kibakis Seite. Spät am Abend sagte Odinga nach Informationen der Zeitung, er werde an einem solchen Treffen nur dann teilnehmen, wenn es Teil der Verhandlungen unter der Führung des Ghanaischen Präsidenten und Chefs der Afrikanischen Union, John Kufuor, ist.

Raila Odinga hatte zuvor die für Dienstag geplanten Großkundgebungen gegen Kibaki auf Freitag verschoben. Odingas Partei wolle Vermittlungsbemühungen Kufuors, abwarten. In einem Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ bot Odinga erneut eine dreimonatige Übergangsregierung an, die eine Wiederholung der Präsidentenwahl organisieren solle. Dagegen will Kibaki eine Regierung der nationalen Einheit aushandeln.

Bei den Unruhen nach der umstrittenen Wahl Ende Dezember starben nach offiziellen Angaben 486, nach Angaben aus Polizeikreisen aber mindestens 600 Menschen. Rund 250 000 Menschen sind auf der Flucht. Die internationale Konferenz der großen Seen (IC/GLR) sieht in der Gewalt in Kenia Elemente eines Völkermordes. „Einige dieser Morde werden mit kalter Planung vorgenommen, was an ethnische Säuberung und Völkermord erinnert“, sagte der Chef der von den Vereinten Nationen unterstützten Konferenz, Liberata Mulamula, in Nairobi. Dabei werde auf die „Verletzlichsten, einschließlich Frauen und Kinder, gezielt“. Ein solches Ereignis hat sich nach Informationen der ugandischen Tageszeitung „Monitor“ offenbar am Samstag an der Grenze zwischen Kenia und Uganda abgespielt. 30 Kenianer, vermutlich von Kibakis Ethnie Gikuyu, seien mit Waffengewalt in den Grenzfluss Kipkaren getrieben worden und ertrunken. Sie seien auf der Flucht nach Uganda gewesen. Dort sind inzwischen rund 5000 Flüchtlinge angekommen.

Die US-Sondergesandte Jendayi Frazer traf am Montag zum dritten Mal mit Staatschef Kibaki und Odinga zusammen. Frazer sagte bei einer Pressekonferenz, das kenianische Volk sei von seinen politischen Führern und Institutionen betrogen worden. Die „Daily Nation“ zitiert sie mit dem Satz, dass die USA, „ein wichtiger Verteidiger der Demokratie“, Kibaki als Präsidenten anerkennen, obwohl sie Bedenken gegen die Auszählung der Wahl hätten. Er sei als Präsident vereidigt. Sie schlug eine Änderung der Verfassung vor, um die Macht stärker zwischen dem Präsidenten und Institutionen wie beispielsweise der umstrittenen Wahlkommission zu teilen. Zudem empfahl sie der Opposition im Parlament einen Abwahlantrag gegen Kibaki zu stellen. Dafür bräuchte diese allerdings zwei Drittel der Stimmen, die sie nicht hat. Zudem sagte sie: „Die Opposition hat das Recht, zu demonstrieren.“

Kibaki setzte die konstituierende Sitzung des ebenfalls am 27. Dezember neu gewählten Parlaments für den 15. Januar fest. Dabei gewann die ODM nach Angaben der kenianischen Wahlkommission 95 Sitze, Kibakis Partei der nationalen Einheit (PNU) kam auf 35 Sitze. Würden ihn alle im Parlament vertretenen Parteien gegen die ODM unterstützen, käme er auf 81 Sitze. Allerdings gibt es noch 38 Sitze, die über die Parteien vergeben werden. Und in einem Wahlkreis ist das Ergebnis noch immer umstritten.

Während in Nairobi um eine politische Lösung für den Konflikt gekämpft wird, gibt es an der Küste in Mombasa weiter Proteste. Im Rift Valley wurden am Montag sieben Menschen von der Polizei erschossen, die nach offiziellen Angaben eine Polizeistation stürmen wollten, in der Gikuyu Schutz gesucht hatten. Das Welternährungsprogramm (WFP) setzte am Montag einen Konvoi mit Lebensmitteln von Mombasa aus nach Eldoret im Rift Valley und nach Nairobi in Bewegung. Der Konvoi steht unter Polizeischutz, berichtet das WFP. Das WFP musste seine Hilfslieferungen für den Südsudan und für Somalia in der vergangenen Woche unterbrechen, weil es kein Durchkommen mehr gab. Inzwischen gibt es in ganz Ostafrika Versorgungsprobleme. Weil die Nachbarländer Uganda, Ruanda, Burundi und der Ostkongo über Mombasa versorgt werden, ist es überall zu einer Benzinknappheit gekommen.

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