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Und grün wird’s vorerst nicht. Wie erwartet haben die Oppositionsparteien im Vermittlungsausschuss mit ihrer Mehrheit das Steuerabkommen mit der Schweiz abgelehnt. Es soll nachverhandelt werden.

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Vermittlungsausschuss: Beschlüsse werden auf die lange Bank geschoben

Der Vermittlungsausschuss hat sich nur auf eine Anhebung des Steuerfreibetrags geeignet. Eine wichtige Frist wurde jedoch verpasst. Nun passiert erstmal nichts. Und die Regierung überlegt sich, wie sie einen Teil ihrer gescheiterten Vorhaben noch retten kann.

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Stunde um Stunde verrann, die Argumente flogen hin und her in winterlich-geschäftsmäßiger Atmosphäre. Das magere Ergebnis des Vermittlungsausschusses, in dem Bundestag und Bundesrat bei Dissens den Kompromiss suchen: Der steuerfreie Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer wird um 224 Euro auf 8354 Euro angehoben. Das bedeutet pro Steuerzahler im kommenden Jahr eine Entlastung von 24 Euro. Es war allerdings gar nicht das Ergebnis von Verhandlungen zwischen Koalition und Opposition – diese Anpassung geht auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zurück. Daran kamen Union, FDP, SPD, Grüne und Linke nicht vorbei.

Umgesetzt werden kann die kleine Wohltat übrigens vorerst nicht: Der Ausschuss hat zu lange geredet. Und versäumte die Frist um null Uhr, zu der er sein Ergebnis am Donnerstag beim Bundestag hätte einreichen müssen. Nun kann das Parlament an diesem Freitag nicht darüber beraten und beschließen – der Bundesrat kann es demnach auch nicht. Mit einer Zweidrittelmehrheit hätte man den Fristverzug aushebeln können, aber dazu waren die verärgerten Koalitionsfraktionen nicht bereit. Also Wiedervorlage im Januar beziehungsweise Februar.

Die Erhöhung des Grundfreibetrags gelte dann eben rückwirkend, hieß es. Die kleine Steuerentlastung über eine Änderung des Steuertarifverlaufs – die Milderung der „kalten Progression“ – lehnten die Oppositionsparteien ab. Das Geld solle nicht dem Steuerzahler zugute kommen, sondern in den Etats bleiben – für die Bildungspolitik, wie der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, erläuterte. Als „Steuererhöhung durch die Hintertür“ bezeichnete Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) das.

Auch das Jahressteuergesetz dürfte gescheitert sein. Zwar bestand nach längerem Reden Einigkeit in praktisch allen Punkten (die eher technischer Natur sind, aber sich durchaus summieren – auch Bürokratieerleichterungen gehören dazu). Dann aber setzte die Oppositionsmehrheit im Vermittlungsausschuss durch, dass das gesamte Gesetz an einen Detailpunkt gebunden wird – die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat zur Einführung des Ehegattensplittings für gleichgeschlechtliche Partnerschaften. Das will aber die Union nicht (der CDU-Parteitag hat das ja gerade erst beschlossen). Die FDP gerät damit in die Bredouille – sie ist eigentlich dafür, aber eben Koalitionspartner der Union.

Gescheitert ist auch die steuerliche Förderung der ökologischen Gebäudesanierung, mit der Schwarz-Gelb zugleich ein bisschen Handwerksförderung betreiben wollte. Die Opposition beharrte auf einem anderen Modell: direkte Förderung durch Mittel der Kreditanstalt für Wiederaufbau – was Geringverdienern mit Häuschen theoretisch eher hilft als die Steuerförderung.

Wie die Bundesregierung einige Vorhaben noch retten will

Und grün wird’s vorerst nicht. Wie erwartet haben die Oppositionsparteien im Vermittlungsausschuss mit ihrer Mehrheit das Steuerabkommen mit der Schweiz abgelehnt. Es soll nachverhandelt werden.
Und grün wird’s vorerst nicht. Wie erwartet haben die Oppositionsparteien im Vermittlungsausschuss mit ihrer Mehrheit das Steuerabkommen mit der Schweiz abgelehnt. Es soll nachverhandelt werden.

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Die Bundesregierung verweist hinterher darauf, dass sie zu weitem Entgegenkommen bereit gewesen sei. Schwarz-Gelb bot an, die Förderung nach den Wünschen der SPD umzustellen, sie verringerte die Fördersumme und damit die theoretisch denkbare Belastung der Länder auf eine Milliarde Euro in fünf Jahren, und sie bot sogar 350 Millionen zusätzlich für öffentliche Gebäude von Ländern und Kommunen. Verfassungsrechtlich sei das „aberwitzig“, sagt ein Regierungsvertreter, weil es gegen die föderalen Prinzipien verstößt.

Trotzdem ließen sich die rot-grün geführten Länder auf die Paketlösung nicht ein. Auch andere Lockangebote verfingen nicht, etwa die Offerte, dass alle Rückflüsse hinterzogener Steuern aus dem Steuerabkommen mit der Schweiz den Ländern zufließen. Von den Schweizer Banken waren knapp zwei Milliarden Euro garantiert. Und noch eine Karotte wurde den Ländern hingehalten: Die sogenannten Entflechtungsmittel des Bundes an die Länder, bislang vor allem für Verkehrsinvestitionen gedacht, sollten über die Frist von 2014 hinaus bis 2019 bei 2,5 Milliarden Euro verstetigt werden. Die Opposition biss nicht an. „Politische Dummheit“, nannte ein Regierungsvertreter das Verhalten der Opposition. Angesichts der Schuldenbremse sei es unverständlich, warum die von Rot und Grün regierten Länder auf Einnahmen verzichteten: „Das müssen jetzt die Ministerpräsidenten ihren Wählern erklären.“

Die Koalitionäre ihrerseits wollen den Wählern deutlich machen, dass das Aus für das Abkommen mit der Schweiz praktisch einer Amnestie für vermutlich hunderte Steuerbetrüger gleichkomme. „Jeweils ab 31.12. rutscht ein ganzer Jahrgang in die Verjährung“, hieß es mit Blick auf die schwarzen Milliardenvermögen in der Schweiz. Kritik in der Koalition gab es vor allem am nordrhein-westfälischen Finanzminister Norbert Walter-Borjans, hinter dem die Koalitionäre dessen Chefin Hannelore Kraft als treibende Kraft vermuten. Der SPD-Mann versuche mit unsinnigen Behauptungen davon abzulenken, dass sich sein Land falsch verhalte.

Einen Teil ihrer gescheiterten Vorhaben will die Regierung übrigens doch noch retten. Das Kabinett soll am Mittwoch ein eigenes Bundesprogramm zur Gebäudesanierung auf den Weg bringen – 2,5 Milliarden Euro, auf mehrere Jahre verteilt, soll die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau als Zuschüsse vermitteln. Und auch die Sonderförderung zum Kita-Ausbau soll nicht endgültig der gescheiterten Vermittlung zum Opfer fallen. 580 Millionen Euro will der Bund den Kommunen geben – „selbst wenn die Länder das im März im Bundesrat wieder ablehnen“, sagt ein Koalitionär.

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