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Vermögen im Ausland: Athener Außenstände

Griechenland braucht dringend Staatseinnahmen – doch viele reiche Griechen bunkern ihr Geld in der Schweiz und prellen den Staat um Steuereinnahmen. Warum geht das Land nicht konsequent dagegen vor?

Seit dem Beginn der Griechenland-Krise vor drei Jahren haben sich die EU-Bürger daran gewöhnt, in Milliarden zu rechnen. Die Milliarden-Dimension gilt auch für das Schwarzgeld, das griechische Bürger in den letzten Jahren ins Ausland geschafft haben. Zwischen 2003 und 2011 flossen 261 Milliarden Dollar aus Griechenland ins Ausland ab, sagte Raymond Baker, der Chef der Nichtregierungsorganisation Global Financial Integrity im September dem „Spiegel“. Das Geld habe aus kriminellen Handlungen, Korruption und Steuerhinterziehung gestammt, berichtete der Direktor der in Washington ansässigen Organisation.

Mit dem illegal transferierten Schwarzgeld ließe sich ein großer Teil des griechischen Schuldenberges abtragen, der inzwischen auf über 300 Milliarden Euro gewachsen ist. Welchen genauen Anteil illegal in der Schweiz gebunkerte Milliarden an dem Schwarzgeld haben, ist nicht bekannt.

Immerhin lässt sich seit der Veröffentlichung der sogenannten Lagarde-Liste erahnen, in welcher Größenordnung Geld aus Griechenland heimlich in die Schweiz geschafft worden ist. Der griechische Journalist Kostas Vaxevanis hatte im Magazin „Hot Doc“ eine Liste von mehr als 2000 Griechen veröffentlicht, die in der Schweiz Konten unterhalten sollen. Zuvor hatte im Jahr 2000 die damalige französische Finanzministerin und jetzige Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, ihrem griechischen Kollegen Giorgos Papakonstantinou die Liste übergeben, von der die griechische Justiz im Kampf gegen die Steuerhinterziehung allerdings bisher keinen Gebrauch gemacht hat. Zudem musste Papakonstantinou zugeben, dass das Original der Liste verloren gegangen war.

Die Beträge, welche die reichen Griechen auf der Lagarde-Liste in die Eidgenossenschaft transferiert haben, wurden im Bericht des Magazins „Hot Doc“ nicht genannt. Dass die Summe der insgesamt von Hellas in die Schweiz geschafften Beträge mindestens im zweistelligen Milliardenbereich liegen dürfte, ergibt sich auch aus einem Zwischenbericht der EU-Taskforce für Griechenland, die von dem deutschen EU-Beamten Horst Reichenbach geleitet wird. In dem im November veröffentlichten Bericht ist die Rede davon, dass griechische Bürger „riesige Summen“ in die Eidgenossenschaft transferiert hätten.

Die EU-Taskforce unterstützt Athen beim geplanten Abschluss eines Steuerabkommens mit der Schweiz, das nach dem Modell der Abkommen mit Deutschland, Großbritannien und Österreich eine anonyme Nachversteuerung ermöglichen würde. Allerdings ziehen sich die abschließenden Verhandlungen um das Abkommen zwischen Athen und Bern in die Länge. Im November kritisierte der griechische Finanzminister Giannis Stournaras, dass Stiftungen von dem geplanten Steuerdeal nicht erfasst würden. George Tzogopoulos vom griechischen Thinktank Eliamep mahnt derweil einen raschen Abschluss des Abkommens an: „Wir müssen jetzt Taten sehen, damit endlich diejenigen besteuert werden, die ihr Geld illegal in die Schweiz geschafft haben.“

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