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Obamas „Yes, we can“ verballhornt auf dem Plakat eines Demonstranten in Frankfurt am Main.

© REUTERS

Veröffentlichungen zu NSA-Programmen: Neue Snowden-Enthüllungen belasten US-Geheimdienst

In der NSA-Affäre versucht die US-Regierung, das Heft des Handelns in der Hand zu behalten und gibt vertrauliche Informationen preis. Doch auch die Enthüllungsjournalisten vom „Guardian“ legen nach.

Mit Unverständnis und Verärgerung hat die US-Regierung wochenlang die empörten europäischen Reaktionen auf die NSA-Enthüllungen quittiert. Jetzt aber kommt – für viele in den USA überraschend – Gegenwind im eigenen Land auf gegen die Praktiken, die der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden über die NSA-Spähprogramme an die Öffentlichkeit gebracht hat. Republikaner und Demokraten aus beiden Häusern des Kongresses bereiten Gesetze vor, die die weitreichenden Überwachungskompetenzen des Geheimdienstes zumindest einschränken sollen. Am Mittwoch diskutierte der Justizausschuss des Senats im Rahmen einer Anhörung von NSA- und Regierungsvertretern über die Befugnisse der NSA.

Währenddessen hat Geheimdienstchef James Clapper bisher geheime Unterlagen zu den Spähprogrammen freigegeben. Drei am Mittwoch veröffentlichte Dokumente erlauben einen, wenn auch eingeschränkten, Blick auf den Charakter zweier Überwachungsprogramme der NSA. Darin ist nachzulesen, dass Telekommunikationsfirmen angewiesen werden, die kompletten anfallenden Daten (nicht den Inhalt der Kommunikation) über Telefonate und Email-Austausch zu erheben, zu speichern und der NSA zur Verfügung zu stellen. In einem der Berichte heißt es, die beiden Überwachungsprogramme (Telefon und Netzkommunikation) operierten „in einem sehr großen Umfang“. Wobei nur ein „winzig kleiner Teil“ tatsächlich von NSA-Analysten durchforstet würde.

Ein Bericht der britischen Zeitung „Guardian“ stellt das jedoch infrage. Demnach zeigten die Unterlagen, die Snowden dem Blatt zur Verfügung gestellt hat, dass NSA-Analysten mithilfe des Systems XKeyscore das gesamte vorhandene Material an Daten ohne spezielle Genehmigung durchforsten können. Ein Dokument illustriere, dass das Programm praktisch alles umfasse, „was ein typischer Internetnutzer im Netz mache“, inklusive Email-Inhalten, besuchter Webseiten und Suchanfragen. Analysten könnten XKeyscore und andere NSA-Programme auch zur Live-Beobachtung einer Person im Netz nutzen.

Bei der Anhörung am Mittwoch sagte der stellvertretende NSA-Direktor John C. Inglis Beobachtern zufolge, dass durch die NSA-Überwachung mindestens 13 Terrorbedrohungen in den USA ausgeschaltet worden seien. Im Zusammenhang mit anderen Überwachungsprogrammen gelte das für 54 Bedrohungen in den USA, Europa, Asien und Afrika. Kritische Fragen gab es demnach trotzdem. Der Ausschussvorsitzende, der Demokrat Patrick Leahy, versprach, es werde „Vorschläge zur Änderung der Rechtslage“ geben.

Bis vor einer Woche hatte die US-Regierung noch annehmen können, dass der Unmut sich auf einige Außenseiter im Kongress beschränken werde. Überraschend scheiterte aber schon in der Vorwoche ein Gesetzentwurf, der die NSA-Kompetenzen beschnitten hätte, im Abgeordnetenhaus nur knapp mit 205 zu 217 Stimmen. Seither bildet sich immer deutlicher eine parteiübergreifende Koalition heraus. Der republikanische Abgeordnete Jim Sensenbrenner kündigte an, einen Gesetzentwurf zu Beschneidung der Telefonüberwachung nach der Sommerpause vorzulegen. Und die Chefin der Demokraten im Abgeordnetenhaus, Nancy Pelosi, hat einen offenen Brief an Präsident Barack Obama gesandt, in dem sie ihn auffordert, an einer Gesetzesänderung mitzuarbeiten, „um die Balance zwischen der nationalen Sicherheit und den amerikanischen bürgerlichen Freiheitsrechten zu stärken“.

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