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Politik: Verplappert

Chiles Ex-Diktator Pinochet droht der Prozess

Berlin - Der Ex-Diktator war offenbar zu redselig. Nachdem Chiles früherer Präsident Augusto Pinochet ohne erkennbare Mühe in einem Fernsehinterview geplaudert und bei Anhörungen im Zusammenhang mit einem anderen Gerichtsverfahren einen sehr luziden Eindruck gemacht hatte, hat nun der Untersuchungsrichter Juan Guzmán erneut Anklage gegen den General erhoben. Es geht um Menschenrechtsverbrechen während der Diktatur von 1973 bis 1990, und zwar um die Verfolgung Oppositioneller im Rahmen der Operation Condor. Konkret vorgeworfen werden Pinochet Anstiftung zu mindestens neun Entführungen und einem Mord.

Mitte der 70er hatten sich die Geheimdienste südamerikanischer Militärdiktaturen, neben Chile Argentinien, Bolivien, Brasilien, Paraguay und Uruguay, verbündet, um jeweilige Regimegegner im Exil zu entführen oder zu töten. Mitte der 90er tauchten Unterlagen des paraguayischen Geheimdienstes auf, die den Pakt belegen. John Dinges, führender Experte in Sachen Condor, den auch Guzmán zu Rate gezogen hat, spricht sogar von Beweisen für Pinochets Anwesenheit beim Condor-Gründungstreffen.

Ob dem Ex-Diktator der Prozess gemacht wird, ist trotzdem nicht sicher. So hat ein Berufungsgericht den am Montag gegen den 89-Jährigen verhängten Hausarrest auf Antrag der Verteidigung wieder aufgehoben. Zudem hatte Guzmán bereits 2001 wegen der „Todeskarawane“ kurz nach dem Militärputsch Anklage gegen den Ex-Diktator erhoben, doch damals entschied der Oberste Gerichtshof im Sinne der Verteidigung und erklärte den Greis für nicht verhandlungsfähig.

Die Stimmung im Land hat sich aber gewandelt. Anfang Dezember hob das Berufungsgericht von Santiago de Chile in einem anderen Mordverfahren Pinochets Immunität auf. Die Nationale Kommission über politische Haft und Folter hat ihren erschütternden Abschlussbericht vorgelegt, in dem rund 35 000 Zeugen zu Wort kommen. Die Regierung plant eine monatliche Pension für Folteropfer, und die Heeresführung distanziert sich von Gräueltaten aus Zeiten der Militärdiktatur.

Zudem läuft ein drittes Verfahren gegen den früheren General. Bei der amerikanischen Riggs-Bank sind Konten aufgetaucht, die Pinochet unter Tarnnamen angelegt hatte, und auf denen bis zu zwölf Millionen Dollar vermutet werden. Einen solchen Betrag kann Pinochet nicht aus seinem Salär als Präsident angehäuft haben, sagt der Chile-Experte Detlef Nolte. Und Korruption sehen auch dessen hartnäckige Anhänger beim Militär ganz kritisch.

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