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Politik: Verschoben, verpulvert, verschenkt

Wieder deckt der Rechnungshof Millionenverschwendungen auf – die härteste Kritik bekommt Eichel ab

Von Robert Birnbaum

Berlin - Rechnungsprüfer sind meist nüchterne Menschen, ihr Präsident ist es auch. Dabei hätte Dieter Engel oft Grund zu dramatischen Auftritten. Die „Bemerkungen“ seines Bundesrechnungshofs zum Finanzgebaren der Bundesministerien decken Jahr für Jahr Millionenverschwendungen von Steuermitteln auf. Die härteste Kritik bekommt am Mittwoch Finanzminister Hans Eichel zu hören. Dass der Kassenwart für den Haushalt 2005 rund 15,5 Milliarden Euro Aktienerlöse einstelle, habe die Behörde „durchaus alarmiert“. Denn der Bund dürfe sein Vermögen durchaus veräußern – allerdings nur, um mit den Erlösen Schulden zu tilgen. Zum Stopfen von Haushaltslöchern sei das Tafelsilber nicht vorgesehen. Und schon gar nicht das Vermögen aus den ehemaligen Post-Unternehmen: Das sei nämlich eigentlich dafür eingeplant gewesen, die in den nächsten Jahrzehnten anschwellenden Pensionsausgaben für die Ex-Postler abzusichern. Auf gut Deutsch: Eichel verschiebt nur Lasten in die Zukunft, für Konsolidierung bleibt nicht viel.

Dass es so kommen werde, wenn die öffentlichen Hände nicht viel sparsamer mit den Ausgaben umgehen, hatte der Rechnungshof 2002 vorhergesagt – die Prüfer sehen sich in ihrem „Ergebnisbericht 2004“ also bestätigt. Zu ihrem Bedauern. Denn ansonsten kann der Rechnungshof im Rückblick durchaus Erfolge vorzeigen. Auf gut zwei Milliarden Euro veranschlagt Engels die Summe, die der Bund eingespart hat, weil er sich an Empfehlungen der Bonner Behörde hielt.

Das ändert nichts daran, dass an anderer Stelle immer wieder Millionensummen sinnlos fließen. Besonders bei Computern haben sich Bundesbehörden häufig verkalkuliert. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zum Beispiel zahlte nicht nur gut fünf Millionen Euro zu viel für seine IT-Ausstattung, sondern ließ Hardware auch für acht Außenstellen anschaffen, deren Schließung längst beschlossen war. Die Bundeswehr ließ 22 Jahre lang für 157 Millionen Euro eine Panzerabwehrrakete entwickeln, die am Ende keiner mehr brauchte – immerhin wurde das System dann wenigstens nicht mehr angeschafft. Und immer wieder rügt der Rechnungshof, dass Gelder für Projekte ausgegeben werden, deren Wirksamkeit kein Mensch überprüft. Ob die 2,5 Millionen Euro, die das Innenministerium jährlich für deutsche Minderheiten in Osteuropa bereitstellt, tatsächlich mehr Menschen zum Verbleib bewogen haben – das Ministerium habe es schlicht nicht sagen können.

Immerhin, auch hier vermeldet der Bericht Erfolge. Ministerien und Gesetzgeber zögen den Rechnungshof zunehmend zu Rate, bevor sie eine Maßnahme planten. Und insgesamt habe die Verschwendung abgenommen. Der Grund ist aber unerfreulich: Es fehlt dem Staat am Geld, das er verschwenden könnte.

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