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Schussbereit: Ein Mitglied der Freien Syrischen Armee hat sich in Aleppo in einer Wohnung verschanzt. Noch schließt die EU Waffenlieferungen aus. Foto: Giath Taha/Reuters

© REUTERS

Politik: Versöhnung für Obama

Angesichts der Krisen in Nahost entschuldigt sich Israel bei der Türkei für den Tod von Aktivisten – und die EU berät über Waffenhilfe für Syriens Rebellen.

Die lange verfeindeten Ex-Partner Türkei und Israel kommen sich wieder näher: Auf Druck der USA entschuldigte sich Israel am Freitag bei der Türkei für den Tod von neun türkischen Aktivisten bei der Erstürmung des türkischen Gaza-Schiffes „Mavi Marmara“ im Mai 2010. Der Schritt Israels ermöglicht die Normalisierung der Beziehungen zur Türkei – und zeigt die wachsende Sorge der USA über die Spannungen zwischen den beiden wichtigsten Verbündeten Washingtons in einer Region, die besonders durch den Bürgerkrieg in Syrien und durch das Atomprogramm Irans vor großen Gefahren steht.

Bisher hatte Israel die türkische Forderung nach einer Entschuldigung strikt abgelehnt. Doch am Freitag, zum Abschluss des Besuches von US-Präsident Barack Obama, rief Ministerpräsident Benjamin Netanjahu seinen türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdogan an und drückte sein Bedauern über den Tod der Aktivisten aus. Netanjahu „entschuldigte sich im Namen Israels beim türkischen Volk“, wie das türkische Ministerpräsidentenamt in Ankara mitteilte. Erdogan habe die Entschuldigung angenommen.

Beide Politiker betonten der Erklärung zufolge auch, dass hinsichtlich der türkischen Forderung nach einer israelischen Entschädigungszahlung für die Familien der neun Todesopfer eine Einigung angestrebt werden soll. Damit wird die zweite türkische Vorbedingung zur Normalisierung der bilateralen Beziehungen erfüllt.

Die Türkei und Israel verfügen über die stärksten Streitkräfte und die effizientesten Geheimdienste in der Region – die Dauerkrise zwischen beiden gefährdete deshalb auch amerikanische Interessen. Das gab offenbar den Ausschlag für Obama, den Druck auf Israel zu erhöhen.

Washington ist besonders wegen der iranischen Weigerung besorgt, auf die Uran-Anreicherung zu verzichten. Die US-Regierung hatte erst Anfang des Monats ihre Entschlossenheit bekräftigt, wenn nötig auch militärisch gegen Teheran vorzugehen. Auch die Lage in Syrien, wo die Kämpfe seit zwei Jahren anhalten und die Rufe nach einer Bewaffnung der Opposition lauter werden, macht für die westliche Führungsmacht eine Einigung zwischen der Türkei und Israel dringend erforderlich.

Der Bürgerkrieg in Syrien stand auch im Mittelpunkt der Gespräche zwischen Obama und Jordaniens König Abdullah II. in Amman. Die Vereinigten Staaten nutzen Jordanien zur Unterstützung der syrischen Opposition, zum Beispiel durch Ausbildung für zivile Widerstandsmethoden sowie die Ausrüstung mit Computern, Mobiltelefonen und anderem Gerät. Ein militärisches Eingreifen in Syrien möchte Obama allerdings vermeiden. Auch vor der Lieferung von Waffen scheut er zurück – aus Sorge, dass sie in die Hände radikaler Islamisten fallen könnten.

Allerdings hat Obama den Einsatz von Chemiewaffen als „rote Linie“, bezeichnet, bei deren Überschreiten die USA ihre Politik ändern würden. Nach Angaben amerikanischer Medien haben die USA militärische Pläne entwickelt, um zu verhindern, dass das syrische Regime Chemiewaffen gegen Israel einsetzt oder an radikale Islamisten weitergibt.

Großbritannien und Frankreich hatten am Freitag ihr Werben für Waffenlieferungen an die syrischen Rebellen verstärkt. Die EU-Außenminister konnten sich bei ihrem informellen Treffen in Dublin jedoch nicht auf militärische Hilfen für die syrische Opposition einigen. Der britische Außenminister William Hague schloss einen „Alleingang“ seines Landes gemeinsam mit Frankreich nicht aus.Dies sei nach wie vor „eine Option“. „Alle sind sich darüber einig, dass wir unsere allgemeine Unterstützung für die syrische Opposition verstärken“, sagte Frankreichs Außenminister Laurent Fabius. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte: „Die deutsche Bundesregierung ist unverändert skeptisch gegenüber direkten Waffenlieferungen nach Syrien. Dass mit mehr Waffen weniger Menschen sterben werden, das ist noch nicht ausgemacht.“

Ein Ende des Bürgerkriegs ist weiterhin nicht in Sicht. Nach einem Selbstmordattentat in Damaskus hat Assad Rache geschworen. Bei dem Anschlag auf die Imam-Moschee waren nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Sana am Donnerstagabend 50 Menschen ums Leben gekommen, darunter der Attentäter. Unter den Opfern ist auch der regimetreue sunnitische Kleriker Scheich Mohammed al Buti. Assad erklärte: „Wir werden deine Ideen weiter verfolgen, und wir werden uns gegen die Ungerechten wehren, die andere zu Ungläubigen erklären, so lange, bis wir das Land von ihnen gesäubert haben.“

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