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Politik: Versprechen im Gepäck

Chirac forderte eine Spekulationssteuer zu Gunsten der Ärmsten – heute reist er nach Afrika

Einen Geldsack wird Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac nicht im Gepäck haben, wenn er an diesem Mittwoch zu einem dreitägigen Besuch in die afrikanischen Länder Senegal und Republik Kongo aufbricht. Er wird mit Sicherheit aber finanzielle Versprechungen für die von Armut geplagten Länder machen und sein Lieblingsthema ansprechen: Die so genannte Tobin-Steuer.

Die Idee einer solchen Abgabe, mit deren Hilfe weltweite Devisentransaktionen verhindert oder gebremst werden sollen, war eines der Hauptthemen beim Weltwirtschaftsforum vergangene Woche in Davos. Chirac und neuerdings auch Bundeskanzler Gerhard Schröder erhoffen sich mit Hilfe einer solchen Abgabe auf spekulative Finanzgeschäfte mindestens zehn Milliarden Dollar im Jahr, die in die ärmsten Entwicklungsländer, vor allem nach Afrika, fließen sollen.

Die USA und Großbritannien sind allerdings strikt gegen die weltweite Einführung einer solchen Steuer, Finanzexperten weisen auf eine Schädigung der Weltfinanzmärkte und zudem das Fehlen kontrollierbarer Kriterien für eine Spekulationssteuer hin. Kritiker wenden auch ein, dass sich Armut und Aids in Afrika leichter bekämpfen ließen, indem die Agrarsubventionen der Europäischen Union drastisch reduziert würden – ein Schritt, der auch der Landwirtschaft in den afrikanischen Staaten zugute käme.

Chirac, dessen Land zu den größten Nutznießern der EU-Agrarsubventionen gehört, wird in diesem Zusammenhang häufig Heuchelei vorgeworfen. Hinzu kommt, dass Frankreich jährlich Waffen im Wert von über 100 Millionen Euro nach Afrika verkauft.

Dennoch: Frankreichs Präsident wird sich bei seinen Besuchen in Dakar und in Brazzaville ein Bad in der Menge nicht nehmen lassen. Als erklärter Afrika-Freund ist er bei der Bevölkerung beliebt und bekannt. Er wird es also leichter haben als sein deutscher Amtskollege Horst Köhler, der gleich zu Beginn seiner Amtszeit zu einer Reise nach Afrika aufbrach – dort aber, zumindest in der Bevölkerung, mehr oder weniger als „Nobody“ gilt.

Sabine Heimgärtner[Paris]

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