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Verteidigungsministerium: So sehen die Reformpläne aus

Das Verteidigungswesen soll effizienter werden – Geld spart der Verteidigungsminister durch die Vorschläge nicht. Die Vorschläge im einzelnen.

Von Robert Birnbaum

Berlin - Frank-Jürgen Weise pflegt eine eigene Art der Diplomatie. „Alles in seiner Zeit war gut“, sagt der Chef der Bundeswehr-Reformkommission über die Bemühungen seiner zahlreichen Vorgänger, nur um dann knapp hinzuzufügen: „ ... auch wenn’s ein Fehler war.“ Tatsächlich bescheinigt die sechsköpfige Kommission in ihrem Abschlussbericht, den sie am Dienstag an Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg übergab, diesen früheren Bemühungen bei allem guten Willen nur sehr begrenzte Effekte. Und Weise glaubt zu wissen, woran es wesentlich lag: „Es war ein Fehler, dass Reformen nie am Kopf angefangen haben.“ Oder, wie es der General a. D. Karl-Heinz Lather ausdrückt: Sechs, sieben Mal in seiner langen Dienstzeit habe sich die Armee erneuert, mit einer Ausnahme: „Das Ministerium hat sich nicht verändert.“

Der radikale Umbau der Führungsspitze ist deshalb auch nach ihrer eigenen Einschätzung der wichtigste Vorschlag der Strukturkommission für eine Einsatzarmee des 21. Jahrhunderts. Er folgt einer Generallinie, die sich durch die ganzen 114 Seiten des Konzepts zieht: Management statt Verwaltung, eindeutige Verantwortung statt eines Wusts an bloßen Halb- und Teilzuständigkeiten. Weise, Oberst der Reserve, hat unlängst selbst eine Wehrübung im Führungsstab absolviert – er traf auf eine Vielzahl bestens qualifizierter Mitarbeiter, von denen es die Hälfte aber ganz genau so gut getan hätte. „Das war nicht wirklich wertschöpfend“, sagt der Chef der Arbeitsagentur.

Zweiter Schwerpunkt der Reformvorschläge ist das Rüstungs- und Beschaffungswesen. Der Befund fällt hier ähnlich düster aus wie der für das Ministerium: zu viele Zuständige, zu viele, die Anforderungen stellen – aber keiner, der am Ende die Verantwortung trägt. Weshalb die Beschaffung neuer Rüstungsgüter gerne einmal 20 Jahre dauert und das Gerät dann nicht nur immer teurer geworden ist, sondern gar nicht kann, was der Soldat an den sehr realen Fronten braucht.

Die Kommission schlägt deshalb vor, die Beschaffung in einer zentralen Agentur zu konzentrieren und ihr neben einem eigenen Budget ein paar Prinzipien mit auf den Weg zu geben. Dazu zählt der Verzicht auf kosten- und zeitfressende „Goldrand-Lösungen“, dazu zählt die Nutzung von militärischer Standardware statt maßgeschneiderter Produkte und auch der Verzicht auf deutsche Übergründlichkeit bei Prüfung und Abnahme.

Dass die Bundeswehr weit schneller als bisher mit modernem, einsatztauglichem Gerät ausgerüstet wird, dass Führungsentscheidungen klar und zügig fallen, ist aus Sicht der Kommission ein wichtiger Faktor, um die Armee als Arbeitgeber attraktiv zu machen. Dass das dringend nötig sein wird, ist Weise und seinen Mitstreitern nämlich klar. Ihre Bundeswehr der Zukunft soll eine Profi-Armee mit nur noch 180 000 Mann sein – rund 15 000 mehr als im Minimalkonzept des Generalinspekteurs errechnet. Diese zusätzlichen Soldaten sollen als Freiwillige mindestens 15 Monate dienen, was ihren Einsatz im Ausland ermöglichen würde.

Geld spart der Minister durch die Vorschläge übrigens nicht. Erst nach Jahren, sagt Weise, könnten effizientere Strukturen sich auch in der Kasse niederschlagen. 15 000 zusätzliche Freiwilligen schlagen schnell mit mehr als einer Milliarde zu Buche. Und selbst wenn es Guttenberg gelingt, die Halbierung der Dienstposten im Ministerium durchzusetzen, bleiben die bisherigen Ministerialen der Bundeswehr erhalten. Guttenberg hat angekündigt, dass er die Empfehlungen bis Januar prüfen und das für gut Befundene in fünf bis acht Jahren umsetzen will, den Umbau des Ministeriums sogar in zwei Jahren. Der Protest gegen eine komplette Ansiedlung des verkleinerten Hauses in Berlin nötigt Weise ein Kopfschütteln ab. Gesetze, sagt er, müssten die Wirklichkeit abbilden. Und die habe sich in 20 Jahren Bonn-Berlin-Gesetz nun mal verändert.

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