zum Hauptinhalt
Die Rücktrittserklärung des Verteidigungsministers flimmerte zeitverzögert über die Bildschirme. Angesichts des kurzfristig angesetzten Termins waren die Sender nicht in der Lage, Live-Bilder zu senden - stattdessen gab es nur einen O-Ton ohne Bild.

© Tso

Verteidigungsministerium: Wie Guttenberg sich zu seinem Rücktritt erklärte

Entschuldigung, Relativierung, Begründung: Karl-Theodor zu Guttenberg hat im Verteidigungsministerium in Berlin seine Erklärung zu seinem Rücktritt abgegeben.

Als er seinen Rücktritt bekannt gibt und ihn erklärt, sind nur wenige Kameras zugelassen. Live hören die Menschen, die am Fernseher sitzen, zunächst nur die Stimme von Karl-Theodor zu Guttenberg, was dem Ganzen doch eine ganz eigene Dramatik gibt. Beobachter, die im Verteidigungsministerium sitzen, sehen einen gefassten Guttenberg, wie immer mit perfekt gegelter Frisur und blauem Anzug, der versucht, eine klare Sprache zu sprechen. Und so betont er: "Es ist die schmerzhafteste Entscheidung meines Lebens." Er sei zwar ein Kämpfer, aber jetzt habe er die Grenzen seiner Kraft erreicht. Guttenberg selbst vermischt die Plagiatsaffäre mit den politischen Themen der Bundeswehrreform. Wörtlich sagt er: "Ich gehe nicht allein wegen einer fehlerhaften Doktorarbeit, obwohl es aus Sicht der Wissenschaft ein Grund wäre." Nein, Guttenberg stellt seinen Rücktritt so dar, dass es ihm nun angesichts der Vorwürfe gegen ihn nicht mehr möglich gewesen sei, glaubwürdig sein Amt als Verteidigungsminister weiterzuführen. Dies sei schließlich, sagt Guttenberg, die größte Reform der Geschichte. Auch die Ereignisse um das Ausbildungsschiff Gorch Fock spricht der Minister an. Die ganze Beschäftigung mit seiner Person habe "die weltbewegenden Ereignisse in Afrika" fast überlagert.

Guttenberg entschuldigt sich nicht mit klaren Worten, er sagt, die Auseinandersetzung mit seiner Person, die massiven Vorwürfe und Angriffe, würden dazu führen, dass die "Wissenschaft, die Parteien, die mich stützen und mein Amt" Schaden davon tragen. Guttenbergs Ausführungen werden entweder mit dem Unterton des Bedauerns oder dem Unterton eines potenziellen Opfers vorgetragen. Er wechselt zwischen Pathos, Eigenanklage und Kritik an den eigenen Kritikern. Einmal steht Guttenberg "zu meinen Schwächen", zu "kleinen und großen Fehlern", die er aus seiner Sicht der Öffentlichkeit auch gar nicht verborgen habe, für die er sich entschuldigt habe, dann sind es aber wieder Vorgänge "Jahre vor meiner Amtsübernahme", die sein wichtiges Amt als Minister behindert und überlagert hätten. Deshalb, so eine Begründung Guttenbergs, habe er sich beispielsweise auch zunächst mit den gefallenen Soldaten in Afghanistan beschäftigt, sie "mit Anstand zu Grabe getragen", um schließlich das Konzept für die Bundeswehrreform zu Ende zu bringen. Und erst dann, jetzt nämlich, habe er sozusagen alles erledigt und ein "bestelltes Haus hinterlassen", um die Konsequenzen zu ziehen. Möglicherweise, fügt Guttenberg noch an, sei seine Begründung ein menschlich unbefriedigender Grund, aber man treffe eben keine Entscheidung leichtfertig über ein Amt, "an dem das ganze Herzblut hängt". Er habe es sich herausgenommen, sich für diese Entscheidung von dieser Tragweite die "gebotene Zeit zu nehmen".

Auf keinen Fall also tritt er wegen seiner Fehler zurück, sondern nur, weil die massiven Vorwürfe gegen seine Person, seine Glaubwürdigkeit erschüttert hätten. Diese Unterscheidung, auch wenn Guttenberg sie selbst so nicht anspricht, ist ihm doch sehr wichtig. Dann äußert er aber noch Respekt vor denen, die nun strafrechtliche Konsequenzen prüfen und wird wieder pathetisch. Die Qualität der Auseinandersetzung sei nicht ohne Wirkung auf seine Person und seine Familie geblieben, man wüsste ja, dass die "Mechanismen des Geschäfts zerstörerisch sein können", und deshalb erwarte er auch keinen Respekt, selbst wenn es nun heißen möge, der Guttenberg sei dem Amt nicht gewachsen gewesen. Aber er, Guttenberg, hätte wegen all dieser Dinge "nicht meinen Charakter" geändert. Gerade dieser Satz lässt doch tief blicken auf den Stolz, das Selbstbewusstsein, ja die Selbstüberschätzung Guttenbergs. Er steht über den Dingen, nach wie vor.

Am Ende folgt der Dank, nicht weniger als an die "große Mehrheit der Bevölkerung", an die "Union" und an die "Soldatinnen und Soldaten" sowie ein "Dank an die Frau Bundeskanzlerin, die sehr großes Vertrauen und Verständnis gehabt hätte. Er habe sie angerufen, sie über seinen Rücktrittsplan informiert, und es sei ein "freundschaftliches Gespräch" gewesen.

Am Ende, als er abtritt, zeigen sie im Fernsehen dann doch noch Bilder seines Auftritts. Die meisten waren einfach nicht schnell genug anwesend.

Guttenberg selbst hat in der Vergangenheit seinen eigenen rasanten Aufstieg und die hohen Beliebtheitswerte immer thematisiert, bei jeder Gelegenheit hat er davor gewarnt, dass man auch sehr schnell wieder abstürzen könnte. Er hat betont, dass man bodenständig und bescheiden bleiben müsse, ehrlich und beflissen sowieso. Und natürlich hat er auch darauf hingewiesen, wie unabhängig er sei von der Politik. Sein Biograph Eckart Lohse hat für diese Art von Guttenbergs indirekten Rücktrittsdrohungen den Begriff "Rücktritt to go" geprägt. Im Nachhinein klingen solche Sätze von Guttenberg natürlich immer wie inszeniert. Und selbst Lohse und und sein Mitautor Markus Wehner von der FAZ, die am Montag ihr Buch in Berlin vorgestellt hatten, mussten lange überlegen, bis sie zu der Erkenntnis kamen: "Er kokettiert damit." Die Wahrheit nämlich ist: Guttenberg hat außerhalb der Politik eigentlich gar keinen richtigen Beruf, deshalb, so sagt es Lohse, "hängt Guttenberg viel mehr an seinem Amt und der Politik wie wir uns das vorstellen können".

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false