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Die Iranerin Sakineh Mohammadi-Aschtiani wurde zum Tod durch Steinigung verurteilt.

© dpa

Erzwungenes Geständnis im Fernsehen: Verurteilte Iranerin: "Sie wollen mich heimlich exekutieren"

2006 war sie zum Tod durch Steinigung verurteilt worden, nach internationalen Protesten wurde die Vollstreckung ausgesetzt. Jetzt musste Sakineh Mohammadi-Ashtiani im Fernsehen gestehen. Zuvor sei sie gefoltert worden, sagt ihr Anwalt.

Erzwungene Geständnisse im Fernsehen gehören zu den grausigen Ritualen der Islamischen Republik. Jetzt zerrten die Justizgewaltigen Sakineh Mohammadi-Ashtiani ins staatliche Abendprogramm. Den Körper in einem schwarzen Schador gehüllt, das Gesicht von einem Tuch verdeckt, erklärte eine Frauenstimme, sie sei Mittäterin gewesen beim Mord an ihrem Ehemann, kommentiert von einem Sprecher, der gegen die „Propaganda der westlichen Medien“ zugunsten der Verurteilten eiferte.

Die Mutter zweier Kinder war 2006 zum Tod durch Steinigung verurteilt worden wegen angeblichen Ehebruchs, was im iranischen Strafrecht „als Verbrechen gegen Gott“ gilt. Angesichts der weltweiten Empörung wich Teherans Justizchef Sadegh Laridschani inzwischen etwas zurück und setzte die Vollstreckung „vorerst“ aus. Doch Sakineh Mohammadi- Ashtiani sitzt weiter in ihrer Todeszelle im Gefängnis von Tabris.

Noch vergangene Woche hatte sie in einem per Mittelsmann organisierten Interview der britischen Zeitung „Guardian“ gesagt, die Behörden würden neue Vorwürfe gegen sie erfinden. „Sie lügen und sind wütend wegen der internationalen Empörung“, erklärte sie. Die Justiz wolle nun die Weltöffentlichkeit ablenken und die Medien verwirren, „damit sie mich heimlich exekutieren können“. Die 43-Jährige bekräftigte, sie sei wegen Ehebruchs verurteilt, vom Vorwurf des Mordes aber freigesprochen worden. „Nur weil ich eine Frau bin, denken sie in diesem Land, sie können alles mit mir machen“, fügte sie hinzu.

Der zuständige Chefankläger der Provinz Ostsserbaidschan dagegen behauptete in der Propagandasendung am Mittwochabend, die Verurteilte habe ihrem Mann eine Injektion gegeben, damit ihr damaliger Liebhaber den Betäubten mit einem Stromschlag töten konnte. Ihr Rechtsanwalt Mohammad Mostafaie, der als scharfer Kritiker der iranischen Strafpraxis gilt, hatte sich vergangene Woche über die Türkei nach Norwegen abgesetzt, um einer drohenden Verhaftung zu entgehen. Sein Nachfolger und Kollege Houtan Kian berichtete am Donnerstag dem „Guardian“, Sakineh Mohammadi- Ashtiani sei so schwer geprügelt und gefoltert worden, dass sie schließlich einwilligte, vor der Kamera zu „gestehen“. Ihr 22-jähriger Sohn Sajad und ihre 17-jährige Tochter Farideh seien von dem Anblick total traumatisiert. Trotzdem wollen die Geschwister weiterkämpfen – um das Leben ihrer Mutter. Martin Gehlen

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